Mit ausgeruhten aber wieder ungeübten Beinen fuhren wir von Telavi durch den Tbilisi Nationalpark zurück in die georgische Hauptstadt. Es war unser dritter Besuch in Tbilisi, der insbesondere dazu diente, das lang ersehnte Päckli mit Ersatzmaterial abzuholen.

In Georgien Post zu empfangen ist kompliziert und langwierig, weil es weder Briefkästen noch richtige Adressen gibt. Ende August versandten meine Eltern das Päckli via DHL Deutschland an einen Schweizer Pizzeriabesitzer in Tiflis, wo es etwa einen Monat später ankam. Ganz herzlichen Dank an alle, die an der Versandaktion beteiligt waren!

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Tiflis ist eine sehr lebendige Stadt mit unzähligen Ausgehmöglichkeiten. Der Grat zwischen heruntergekommen und trendig-modern ist schmal. Uns kam es vor, als sei Tbilisi in Sachen Hipstrigkeit die Superlative von Zürich Wiedikon 😀
Beim dritten Besuch war die Stadt wegen den vielen russischen Flüchtlingen noch voller als sonst. Unsere Unterkunft wollte das gebuchte Zimmer am Abend vor der Ankunft stornieren, um es wahrscheinlich längerfristig zu einem besseren Preis zu vermieten. Nur weil wir auf unsere Buchung insistierten, erhielten wir noch einen bezahlbaren Schlafplatz in Tbilisi. Übrigens: Der offizielle Name der georgischen Hauptstadt ist seit 1936 Tbilisi (təbɪˈliːsi). Tiflis ist nicht mehr korrekt, wird in einigen Sprachen aber nach wie vor verwendet.

In Tbilisi mussten wir uns entscheiden, ob unsere Reise weiter nach Armenien oder zurück in die Türkei gehen sollte. Weil Aserbaidschan Mitte September im Süden von Armenien neue Angriffe verübte und die unsichere Lage anhält, raten seither diverse Aussenministerien (inkl. EDA) von Reisen in die drei südlichen Provinzen Armeniens ab (eine ausführliche Analyse findet sich auf eurasianet.org). Wir wollten die ca. 300km lange Fahrt am Rande des Konfliktgebiets vermeiden und wählten deshalb den Weg zurück in die Türkei. Auf einen Abstecher nach Yerevan haben wir verzichtet, weil der nächstliegende Grenzübergang zur Türkei geschlossen ist und wir wieder nach Georgien hätten zurückfahren müssen.

Dass wir in Georgien einen Grossteil der Strecke in der Gegenrichtung bereits befahren hatten, konnten wir nun voll und ganz auskosten. In Orbeti genossen wir nochmals das beste Lobiani Georgiens und in Ninotsminda besuchten wir erneut den Foodcourt mit wunderbaren Gebäcken und frischen Khinkali (mit Kartoffeln, Käse oder Fleisch gefüllte Teigtaschen).
In den letzten Wochen hat der Herbst merklich Einzug gehalten. Die Leute bereiten sich auf den (langen) Winter vor, ernten Kartoffeln und sammeln ihre Tiere in den Bergen zusammen. Am Morgen ist es kühl und abends wird es früh dunkel (in der Türkei bereits um 17 Uhr).

Die Einreise in die Türkei verlief problemlos. Die türkische Grenzbeamtin schaute sich unsere Pässe nur deshalb so genau an, weil ihr das Design sehr gut gefiel :-D. Auf türkischer Seite stauten sich die Lastwagen für die Einreise nach Georgien über viele Kilometer. Der Weg über Georgien ist momentan eine der einzigen Möglichkeiten, wie Güter noch nach Russland transportiert werden können. Aus politischen Gründen verzögert Georgien die Ein- und Ausreise der Lastwagen so lange wie möglich.

Freundlich winkend fuhren wir an den geduldigen Lastwagenfahrern vorbei, die tagelang auf die Grenzabfertigung warten. Gestern pedalierten wir 80km gegen starken Wind und erreichten nach rund zwei Monaten wieder die türkische Stadt Kars. Angesichts der anhaltenden Proteste im Iran nehmen wir uns hier Zeit, verschiedene Optionen für die Weiterreise zu prüfen. Es bleibt spannend…