Auf der Einfahrt nach Abu Dhabi war alles herausgeputzt: die spiegelblanke Sheikh Zayed Moschee der Superlative (90000T weisser mazedonischer Marmor, grösster handgeknüpfter Teppich, grösstes Marmormosaik und mit 11T der drittgrösster Kronleuchter der Welt), das vorgelagerte Einkaufszentrum und die Touristenscharen in Shorts oder Miniröcken. Nach zwei Wochen auf der staubigen Strasse waren dies ungewohnte Ansichten.

Viel mehr überwältigt waren wir von unseren Warmshowers Gastgebern in Abu Dhabi! Im 42. Stock eines Hochhauses durften wir uns bei Anthea & Tom zu Hause fühlen, genossen ihre Gesellschaft sowie die spannenden Gespräche bei gutem Essen und Wein (nach zwei Monaten ohne Alkohol😉). Auch das Zentrum von Abu Dhabi mit seiner multikulturellen Atmosphäre und der spannenden Architektur war ein unerwarteter Höhepunkt.
Nach einer Wanderung zu einem unbewohnten Bergdorf verliessen wir die Stadt Abu Dhabi mit vielen schönen Erinnerungen einige Tage später als vorgesehen😊. Herzlichen Dank, Anthea & Tom!

Unsere Reise ging weiter nach Al Ain, wo wir den authentischen, lokalen Kamelmarkt besuchten. Die sudanesischen Gastarbeiter freuten sich, uns als einzigen Touristen auf dem Marktgelände die (Baby-)Kamele zu zeigen😊.
Durch gepflegte Oasendörfer fuhren wir die nächsten zwei Tage via den Oman zurück in die VAE. Im Outdoor-Vergnügungspark «Hatta Wadi Hub» mit angeschlossenem Veloladen waren wir als Tourenfahrer herzlich willkommen und durften für eine Weile unser Zelt aufschlagen. Weil es auf der Arabischen Halbinsel langsam zu heiss und feucht wurde, planten wir hier die Weiterreise.

Um Zentralasien und Japan über den Landweg zu erreichen, hatten wir folgende Möglichkeiten:

  1. Von Dubai mit der Fähre nach Iran, von dort via Turkmenistan nach Zentralasien. Generell ist seit Covid-19 die Einreise nach Turkmenistan nicht möglich, der Erhalt eines Transit-Visas war aber schon vor der Pandemie sehr schwierig.
  2. Von Dubai mit der Fähre nach Iran, von dort via Aserbaidschan und dem Kaspischen Meer nach Zentralasien. Seit Covid-19 sind die Landesgrenzen nach Aserbaidschan geschlossen, die erneute Öffnung war auf den 1. März 2023 angekündigt.
  3. Von Dubai mit der Fähre nach Iran, von dort via Armenien, Georgien und Russland nach Zentralasien. Nach konkreter Berechnung der Distanzen, stellte sich der Umweg über Russland als zu weit heraus, als dass wir Japan vor dem nächsten Winter erreichen könnten. Diese Option fiel daher weg.

Auf die Einreise in den Iran hatten wir uns seit Monaten vorbereitet, indem wir alle (digitalen) Spuren unseres Aufenthalts in Israel vermieden oder verwischt haben. Die Einreisestempel von Israel und Jordanien liessen wir uns auf ein separates Beiblatt geben. Unsere alternative Realität war, dass wir zwei Monate in Zypern geblieben und von dort aus nach Jordanien geflogen wären. Als Beweis hatten wir im Internet ein falsches Flugticket mit richtigen Flugdaten nach Jordanien gekauft😉.
Die angepassten Blogeinträge, Statistik und Routen hatten wir vorbereitet und alle Hinweise zu Israel auf dem Handy/Laptop gelöscht.
Von Berichten anderer Velofahrer wussten wir, dass die Reise durch den Iran trotz den Protesten im Herbst und der schwierigen Wirtschaftslage möglich ist. Das Einladungsschreiben, welches wir fürs neue Iran-Visum benötigten, hatten wir anfangs Februar angefordert.

Welch frohe Botschaft durften wir vernehmen, als am 13. Februar die Ankündigung kursierte, dass Turkmenistan die Grenzen per 1. März 2023 öffnen will😀! Am 23. Februar kam ein Dämpfer, weil Aserbaidschan die Öffnung seiner Landesgrenzen zum 9. Mal in Folge auf den 1. Mai 2023 verschob.

Wir wollten alles daran setzten, die verbliebene Option der Weiterreise auf dem Landweg via Turkmenistan umzusetzen.

Zwei Tage beschäftigen wir uns mit der Vorbereitung aller nötigen Dokumente zum Beantragen des turkmenischen Transit-Visums: Begleitbrief inkl. genauer Reiseroute, Antragsformular, Fragebogen, Visa(garantie) von Iran und Usbekistan, Passfotos, Passkopie, Bestätigung einer Krankenversicherung explizit für Turkmenistan, Kopie des Heiratszertifikats. Mit allen Unterlagen im Rucksack pilgerten wir am 1. März mit dem Bus von Hatta ins turkmenische Konsulat nach Dubai. Vor dem Konsulat trafen wir die wartende Putzequipe: «Nobody here Sir, maybe in one hour.». Geduldig warteten wir bis der Konsul ½ Stunde vor Torschluss zum Glück noch auftauchte. Unsere Frage nach einem Transit-Visum beantwortete er auf der Türschwelle: er könne uns kein Visum ausstellen, der Antrag für den Letter-Of-Invitation (LOI) müsse von einem Reisebüro kommen.

Umgehend kontaktierten wir mehrere turkmenische Reiseagenturen und den Globetrotter Visaservice in der Schweiz. Alle bestätigten uns, dass für ein Transitvisum, kein LOI eines Reiseveranstalters nötig sei und ein Touristenvisum nur zusammen mit einer gebuchten Tour erhältlich ist. ABER: Trotz den erfreulichen Ankündigungen, seien die turkmenischen Grenzen nach wie vor geschlossen. Wann die Landesgrenzen öffnen oder ob nur die Einreise per Flugzeug möglich wird, sei derzeit unklar.

Unverrichteter Dinge kehrten wir nach Hatta zurück, wo wir nochmals ein paar Tage brauchten, um unsere Entscheidung zu fällen… Sollen wir Richtung Iran weiterreisen und hoffen, dass wir in Teheran ein turkmenisches Visum erhalten? Und falls dies nicht möglich ist, von Teheran nach Baku, Dubai, Moskau oder Istanbul fliegen? Wegen den westlichen Sanktionen sind dies die einzigen valablen internationalen Flugverbindungen aus dem Iran geworden.

Nach langem Werweissen entschieden wir uns, direkt von Dubai nach Baku zu fliegen. Obwohl wir nun den Globus nicht auf dem Landweg umrunden, erwartet uns mit Aserbaidschan ein sehr interessantes Reiseziel und mit der Überfahrt übers Kaspische Meer eine wertvolle Erfahrung😊. Die Entscheidung ist uns so schwergefallen, dass wir nicht länger nachdenken wollten und jetzt sofort Nägel mit Köpfen machten. Wir buchten den Flug nach Baku und beantragten die E-Visa für Aserbaidschan – eine reine Routinesache…😊

Als eine Woche später die Nachricht kam, dass Turkmenistan seine Grenzen per sofort öffnet, blieben wir bei unserer gefällten Entscheidung. Wie sich herausstellte, war dies nur eine weitere Ankündigung. Die Grenzen zu Turkmenistan sind nach wie vor geschlossen.

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Bis zum Flug hatten wir noch zwei Wochen Zeit für eine Tour durch die VAE. Wir erklommen mit dem Velo den höchsten Berg (bis zum Militärstützpunkt auf 1770m😉), wanderten zu einem weiteren Bergdorf, schoben unsere Velos drei Stunden über Sandpisten und spazierten auf die grösste Sanddüne in der Region Dubai. Was wir in den VAE unbedingt sehen wollten, war ein Kamelrennen. Deshalb fanden wir uns am Wochenende bei einer Kamelrennbahn ein und waren genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ein sehr netter Emirati und Besitzer von Rennkamelen, lud uns zum Ausruhen, Essen und Übernachten ein. Am nächsten Morgen durften wir das Rennen seines Kamels vom Auto aus mitverfolgen. Auf den Kamelen sitzt während dem Rennen ein Roboter-Jockey mit Peitsche und Walkie-Talkie. Die Kamelbesitzer und -trainer fahren im Auto (üblicherweise ein weisser 4×4 Toyota Landcruiser V8) nebenher, steuern die Peitsche und geben übers Funkgerät Kommandos😀 (siehe Kurzfilm auf Youtube). Leider traf «unser» Kamel als letztes im Ziel ein.

Für die Tage vor dem Abflug fanden wir eine bezahlbare Unterkunft in Sharjah, dem Nachbar-Emirat von Dubai. Von hier aus besuchten wir die Mall of Emirates und amüsierten uns über die wenigen Skifahrer. Bei der Mall of Dubai bestaunten wir den höchsten Turm der Welt von unten. Die Aussicht aus 585m Höhe war uns den Eintritt von 190.- Fr. pro Person nicht wert.
Auch über die Preise beim Essen waren wir immer wieder erstaunt. Während im westlichen Café ein (schlechter) Cappuccino 5.- Fr kostet, gönnten wir uns beim Inder für den gleichen Preis 20 Karak-Tees, 3 frisch gepresste Mangosäfte oder ein feines Abendessen für 2 Personen😊.

Heute Morgen pedalierten wir an den Flughafen von Dubai, wo wir die Velos in Kartons verpackten und die Taschen mit Klarsichtfolie umwickelten. Nach einem langwierigen und chaotischen Check-In hofften wir, dass unser Gepäck den Flug gut übersteht. Sehr erleichtert durften wir fünf Stunden später in Baku die unbeschädigten Velos und Taschen in Empfang nehmen! Nun sind wir gespannt, was uns in Aserbaidschan erwartet… 😊