Wir waren froh, dass wir die Grenze nach Malaysia gestärkt überquert hatten, hier war nämlich Ramadan… Den muslimischen Fastenmonat hatten wir zwar fett im Kalender eingetragen, gingen aber davon aus, dass im Vielvölkerstaat Malaysia davon wenig zu spüren sei. Damit lagen wir falsch!

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Dass wir einige Kilometer nach der Grenze ein offenes (chinesisches) Restaurant verschmähten, stellte sich als Dummheit heraus. Es sollte während den ersten unspektakulären Fahrtagen bis Georgetown das einzige bleiben. Wir verpflegten uns vorwiegend im FamilyMart, 7-Eleven oder mampften möglichst unbeobachtet eingekauftes Picknick.
In Südostasien herrschte scheinbar eine aussergewöhnliche Hitzewelle, was es noch mühsamer machte, bei tropischen 35° Celsius nicht öffentlich zu trinken. So hatten wir uns Malaysia nicht vorgestellt… wurde es doch in allen Berichten als Schlaraffenland angepriesen!

Als wir vor Butterworth eine Bucht mit dem «Kurs-Boot» überqueren wollten, realisierten wir, dass während Ramadan auch abgesehen vom Trinken und Essen nicht alles wie gewohnt funktioniert. Vielleicht fahre das Boot um 16 Uhr… nein, heute fahre es nicht, möglicherweise morgen… Inschallah. Aber auf ihn wollten wir uns nicht verlassen und nahmen lieber 40km Umweg über die nächste Brücke in Kauf. Denn die Reservation der Unterkunft in Georgetown konnten wir nicht mehr verschieben.

Schon bevor wir auf die Fähre nach Georgetown rollten, fanden wir im Hafengebiet eine geöffnete indische Gassenküche, wo wir drinnen Platz nehmen und uns vom gelobten Essensangebot überzeugen durften. Bei Biryani und Gewürztee waren die letzten harzigen Tage schnell vergessen und die Welt wieder in Ordnung😊.

Ebenso erfreulich ging es in Georgetown weiter: Uns gefiel die überschaubare Altstadt mit der faszinierenden Mischung aus Chinesen, Malaien, Indern und Touristen. Im Gegensatz zu Bangkok und Hanoi ist das (historische) Zentrum von Georgetown sehr kompakt. Wir genossen es, dass der authentische Morgenmarkt, chinesische und indische Tempel, Moscheen, die bekannten Wandmalereien, das stinkende Quartier auf Stelzen sowie unzählige Restaurants und Strassenküchen in kurzer Gehdistanz erreichbar waren. So mussten wir uns in der Tropenhitze nur minimal bewegen und konnten die (Nach)Mittagsstunden bequem im klimatisierten Zimmer verbringen. Ja, hier ist man froh um die in Europa verpönte Klimaanlage😉.

Nach einem Ausflug auf Georgetowns Hausberg, den Penang Hill, verabschiedeten wir uns von der sehr sympathischen Stadt und pedalierten auf dem Festland weiter. Hier hatte der Ramadan den Alltag nach wie vor im Griff und wir waren dankbar um die chinesischen Restaurants, welche wir in den grösseren Ortschaften fanden. Sie hatten nicht nur feines Essen, sondern auch schmackhaften Eiskaffee im Angebot und wurden stets von sehr freundlichen, fröhlichen und interessierten Chinesen geführt. Zudem haben die Chinesen keine Kleidervorschriften, was überaus angenehm ist… und auch mit ungeschriebenen Regeln nehmen sie es nicht genau😊.

Für die Strecke nach Ipoh wählten wir eine schöne Route durch recht intakten Regenwald inklusive wildem Camping am Strassenrand. Auf der Stadteinfahrt nach Ipoh besuchten wir spontan einen eindrücklichen chinesischen Höhlentempel mit Aussichtsplattform. Von hier erblickten wir nicht nur das umliegende Industriegebiet, sondern auch die Cameron Mountains, unser nächstes Ziel. Bevor wir den langen Anstieg in Angriff nahmen, durften wir noch beim Warmshower Alex und seinem Büsi in einer Multikulti-Siedlung übernachten und einen der letzten erhaltenen Zinnbagger besichtigen. Mit dieser 4’600 Tonnen schweren schwimmenden Fabrik wurde bis in die 1980er Jahre Zinn gefördert. Damals waren bis zu 104 solche Monster gleichzeitig im Einsatz und Malaysia der grösste Zinnlieferant der Welt. Heute sind die zugänglichen Zinnvorkommen erschöpft und/oder der Abbau nicht mehr rentabel.

Endlich schien sich das Ende des Ramadans abzuzeichnen. Was wir nicht wussten: Das Fest des Fastenbrechens beginnt mit der Sichtung der Mondsichel im Neumond und hat keinen fixen Termin. Das Datum kann je nach Region variieren. Das ist, als würden wir am 23. Dezember bestimmen, ob Weihnachten am 24. oder 25. stattfindet. Wobei bis dahin tagsüber aufs Trinken und Essen verzichtet wird (bei 12 Stunden Tageslicht und feuchtheissen 35°C in Malaysia) …

Nach dem Fasten waren plötzlich alle auf den Beinen und Strassen. Um die Aussichtspunkte und Gemüsemärkte in den Cameron Highlands herrschte Stau. Mit dem Velo konnten wir problemlos an den Kolonnen vorbeifahren und fanden die vielen Menschen in der ohnehin unschön überbauten Landschaft sehr amüsant. Trotz dem Rummel entdeckten wir auf kleinen Seitensträsschen idyllische Aussichtspunkte über die fotogenen Teeplantagen.
Dank angenehmen Temperaturen auf 1’440m, durften wir abends ein Jäckchen aus unseren Taschen graben und schliefen seit Langen auch ohne Klimaanlage oder Ventilator herrlich😊.

Mit der Kühle war bald Schluss, denn wir fuhren bergab ins Landesinne, in grossem Bogen um Kuala Lumpur herum. Vom Gemüse- und Teeanbaugebiet im Hochland pedalierten wir durch hügeliges Waldgebiet bis wir grosse Palmölplantagen erreichten. Nächte im Zelt wechselten sich mit Übernachtungen in klimatisierten Unterkünften ab: zum Abkühlen und fürs Laden der Batterien unseres kleinen orangen Freundes, dem Ventilator. Wann immer sich die Gelegenheit bot, schlemmten wir an vielfältigen chinesischen Mittagsbuffets. Die Siesta verbrachten wir am liebsten in Waschsalons mit Lüfter und manchmal sogar WiFi. Dort konnten wir unbehelligt solange sitzen wie wir wollten.

Das tropische Klima Malaysias beflügelte uns nicht zu ausserordentlichen sportlichen Leistungen. Trotzdem erreichten wir gestern unser angepeiltes Ziel in Port Dickson. Der Fahrplan des Schnellboots nach Sumatra verschaffte uns hier einen unerwarteten Pausentag. Wir nutzten die Zeit zum Blogschreiben, für (erfolglose) Reparaturversuche einer defekten Zeltstange und David stattete dem indischen Coiffeur einen Besuch ab… ein Erlebnis, auf welches er künftig verzichten kann. Nach dem Haarschnitt gab es zum Abschluss der «Behandlung» einen «Indian Head Crack»🙄. Wie das geht, könnt ihr hier sehen und hören(!).

Natürlich liessen wir uns von dieser Prozedur den Appetit auf das vorzügliche indische Essen nicht verderben und nutzten jede Möglichkeit, die vielfältige Küche in Malaysia maximal auszukosten … wer weiss, wann wir dieses Angebot wieder haben😊.

Übrigens: zum zweijährigen Reisejubiläum versuchten wir die Frage zu beantworten, was uns bisher am besten gefallen hat. Das Ergebnis findet ihr in unseren Top10😊.