Wie bereits vor zehn Tagen, sitzen wir in Kununurra beim Kaffee und verfassen einen Blogeintrag. In der Zwischenzeit wurden wir um so viele wunderbare Begegnungen und Ausblicke reicher, dass wir gerne darüber berichten.

Ann empfing uns sehr herzlich und unkompliziert in ihrem schönen Zuhause in Kununurra. Wir durften nicht nur bei ihr wohnen, duschen, waschen und gemütliche Abende verbringen, sondern unternahmen auch Feierabendausflüge mit ihren Freundinnen. Herzlichen Dank für diese unglaubliche Gastfreundschaft!
Allgemein fühlten wir uns in Kununurra sehr wohl und hatten den Eindruck, dass viele der 4’500 Einwohner ihre Region lieben und hier sehr glücklich sind. Noch nie haben wir so viele emanzipierte und eigenständige Frauen angetroffen wie im Norden Australiens. Sie sind gut ausgebildet, haben spannende, verantwortungsvolle Jobs, ihre Kinder leben im Land verstreut, sie sind sehr engagiert, haben Ideen, Projekte, reissen Dinge an… Inspirierende Persönlichkeiten mit ganz viel Pfiff und Lebensfreude!

Während Ann arbeitete, widmeten wir uns den Vorbereitungen auf die nächste Exkursion und sortierten nicht benötigtes Material aus, welches wir bei ihr deponierten durften. Dazu gehörte u.a. jegliche Regenausrüstung, denn Regen ist in der «kalten» Trockenzeit von Mai bis September praktisch ausgeschlossen (16mm Regen in fünf Monaten). Kaum vorstellbar, dass in der heissen Regenzeit in nur vier Monaten über 700mm Regen fallen, trockene Bachläufe zu reissenden Flüssen werden und viele Strassen unpassierbar machen.

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Bei unserer Recherche zu Westaustralien, stiessen wir auf den Pernululu Nationalpark, welchen wir uns trotz einigen Zusatzkilometern keinesfalls entgehen lassen wollten. Auf den beliebten Tagesausflug per Helikopter verzichteten wir gerne, obwohl dies viel kürzer und bequemer gewesen wäre😉.
Also kauften und packten wir Proviant für acht Tage ein und starteten die Ausfahrt in den Pernululu Nationalpark. Mit freundlicher Unterstützung des Windes pedalierten wir in zwei Tagen zur 250 km entfernten Abzweigung in den Nationalpark. Unterwegs gab es abgesehen von der Kunstgalerie in Warmun mit naturfarbenen Bildern von indigenen Künstlern nicht viel Sehenswertes. Trotzdem (oder deshalb?) genossen wir die Fahrt durch die Weiten der Savannen- und Tafelberglandschaft im warmen Nachmittagslicht sehr, ein grossartiges Freiheitsgefühl! Natürlich auch, weil der asphaltierte Great Northern Highway in angenehmem Masse befahren war und kein Grund für irgendwelche Besorgnis bestand. Abgesehen von einem brünstigen Stier, der uns abends beim Campieren störte … 😊

An der Sorglosigkeit änderte sich auch dann nichts, als wir einen anstrengenden Tag lang auf sandiger Piste in den Nationalpark hinein holperten. Wasser war genügend vorhanden, unsere Essensvorräte waren gut bemessen und vorbeifahrende Autos gab es reichlich. Ziemlich kaputt, staubig und verschwitzt erreichten wir das Informationszentrum unmittelbar vor Türschluss und stürzten uns auf eine unerwartete kühle Cola. Was für eine wohltuende Überraschung😊!

Für die Besichtigung der Schluchten und Felsformationen liessen wir jeweils das meiste Gepäck auf dem Campingplatz zurück. Um die angenehmen Temperaturen und warmen Farben der Morgenstunden auszunutzen, standen wir eine Stunde vor Sonnenaufgang (also um 04:30 Uhr) auf. Für die 15 bis 20 km langen Zufahrten über sandige Wellblechpisten benötigten wir jeweils zwei Stunden. Der Aufwand lohnte sich aber alleweil, denn die Wanderungen durch die gewaltige Landschaft haben uns begeistert!

Und obwohl das Velo in Australien nicht das prädestinierte Fortbewegungsmittel ist, bescherte es uns viele tolle Gespräche und Bekanntschaften, die wir hinter einer Windschutzscheibe niemals gehabt hätten. So steckte uns ein sympathischer Kriegsveteran seine Visitenkarte zu, ein Aboriginal erzählte uns unter Tränen von seinen Vorfahren, welche 1945 bei der Bombardierung durch die Japaner ums Leben kamen, eine Seniorengruppe auf Busreise spendierte uns ein Glace, aus der Einladung zu einem abendlichen Umtrunk auf dem Campingplatz wurde ein gemeinsames Znacht, David durfte einen Road Train Fahrer mit seinen vielen Fragen löchern, ein Mitglied der Gruppe Crankin’ Wheel Women schickte ihre Beifahrerin, um mir das T-Shirt zu schenken, welches sie während unserer Unterhaltung getragen hatte… weil sie nicht im BH aus dem Auto steigen wollte😊. Wahnsinn! Und dies sind nur einige Beispiele…

Vorher…
… nachher

Der Gedanke an einen gut bestückten Supermarkt mit kühlen Getränken, Obst und Gemüse motivierte uns angesichts schwindender Lebensmittelvorräte für eine zügige Rückfahrt nach Kununurra. In der «Stadt» angekommen, durften wir uns ganz selbstverständlich wieder bei Ann einquartieren und uns die Zeit nehmen, das nächste Unterfangen zu planen.