Nachdem wir uns von Sigrid und Philip verabschiedet hatten, fanden wir im Supermarkt zwar Lebensmittel für die nächsten Tage sowie einen günstigen Kaffee an der Tankstelle, aber kein Reissen, uns auf den Weg zu machen😉. Gegenwind und gewohnt rauer Strassenbelag trugen das Ihrige dazu bei.

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Gut, dass wir uns keine ambitionierten Ziele gesetzt hatten und gemütlich auf eine Frühlingsfahrt ins grüne Inland abbiegen durften. Auf kleinen Landstrassen rollten wir durch riesige Getreidefelder und herausgeputzte, verschlafene Dörfer. Viele hiessen die wenigen Touristen mit einem Schild willkommen, auf dem stand, in welchem Jahr sie sich um den Titel des Tidy Towns beworben hatten. Da erstaunte es nicht, dass der Rasen im Dorfpark perfekt getrimmt war und die blitzblanke öffentliche Toilette mit einem Blumenstrauss auf den seltenen Besucher wartete😊.

Unseren Abstecher ins Landesinnere machten wir aber nicht wegen den Ortschaften, sondern um die Wildblumen im Coalseam Conservation Park, im Lesueur Nationalpark sowie entlang der Coorow-Green Head Road zu sehen. Dank einem nassen Winter blühte es überall, mal als gelber dichter Teppich, mal vereinzelt im Busch oder am Wegrand. Immer wieder hielten wir an und schauten uns die Blumen mit oder ohne Kamera aus der Nähe an.

In Jurien Bay erreichten wir wieder die Küste und folgten dem Indian Ocean Drive, meist ohne Ausblick aufs Meer. Bei Cervantes gab es Stromatholiten zu besichtigen, eine Art von lebendigen Fossilien, anscheinend die älteste Lebensform der Erde! Und nur wenige Kilometer weiter lohnte sich der Aufstieg zu den fotogenen Gesteinsformationen (Pinnacles) im Sand des Nambung Nationalparks. Uns gefiel die Fahrt durch den hübsch angelegten Scenic Drive so gut, dass wir für die kurze Strecke mehrere Stunden brauchten.

Je weiter wir uns Richtung Süden bewegten, desto mehr wurde uns bewusst, dass es in Australien nicht immer sonnig und heiss ist. Für die kühlen Nächte und Morgenstunden mit nur 3°C mussten wir ein paar Jäcken und lange Unterhosen aus unseren Taschen graben. Komisch, dass wir der Hitze im Norden davongefahren sind und nun im frühlingshaften Südwesten ankommen. Hier werden im Oktober die Tage länger, die Wiesen blühen und es gibt frische Spargeln🙃.
Auf Empfehlung unseres Reiseführers legten wir vor Perth einen Umweg über Gingin und das Chittering Shire ein. Die Idylle der Region war schon fast beängstigend. Grasende Kühe auf grünen Wiesen, erste Weinberge an sanften Hügeln, dazwischen riesige Anwesen mit wahrscheinlich ein bis zwei Menschen, die darin verborgen waren😃.

Aus der ländlichen Beschaulichkeit führte ein flacher Veloweg mit glattem Belag entlang dem Highway direkt in die Grossstadt Perth. Zwei von drei Einwohnern Westaustraliens leben in dieser Metropole, welche mit Ausnahme der Innenstadt nur aus Einfamilienhäusern besteht. Wir hatten wieder einmal das Glück, bei wunderbaren Gastgebern unterzukommen… eine Bekanntschaft von der Gibb River Road. Nanette, Brian, Matthew, Luke und Rapha empfingen uns völlig unkompliziert, herzlich und liebevoll in ihrem Zuhause und wir durften am Familientisch platznehmen, als hätten wir schon immer dazugehört. Vielen herzlichen Dank für eure offenen Türen!

Im Gästezimmer wartete auch bereits Davids neue Kamera, welche er freudig in Empfang nahm. Sein altes Gerät liess sich nur noch mit gutem Zureden, korrektem Schütteln und in exakter Schrägposition anschalten. Tropisches Klima und Holperpisten sind keine idealen Bedingungen für elektronische Geräte.

Leider war das Wetter während unseres Aufenthalts in Perth kühl und nass (zum ersten Mal seit drei Monaten!). Wir liessen die Velos stehen, benutzten die fast leere Metro und waren insofern mit dem Timing der Regenfront sehr zufrieden😊. In der Innenstadt von Perth suchten wir vergeblich nach lebhaftem Betrieb. Einzig im geschäftigeren Fremantle kam etwas Stadtstimmung auf. Abgesehen vom Touristenprogramm hatten wir einige Einkäufe und längst fällige Coiffeurbesuche zu erledigen. Und ein Besuch bei Granny Shila, die wir in Darwin kennengelernten hatten, durfte ebenfalls nicht fehlen. So vergingen die Tage in der Stadt wie im Flug und es war bald Zeit, uns von unseren grossartigen Gastgebern zu verabschieden.

Obwohl wir zwischen Perth und Albany dem Verkehr entkommen und dem bekannten Munda Biddi Mountainbikepfad hätten folgen können, entschieden wir uns gegen diese Variante. Auf Velowegen und Asphaltstrassen rollte es sich müheloser und mit weniger Anstrengung😊. Wir legten uns die Route zur Gartenzwergstadt Gnomesville (ca. 5000 Einwohner), durch die liebliche Landschaft um Donnybrook sowie zum längsten Holzpier der Südhalbkugel in Busselton gerne selber zurecht.

Im Südwesten Australiens gab es viel zu sehen, sodass wir nur noch kurze Tagesetappen bewältigten. Am Cape Naturalist und in Yallingup konnten wir vom Ufer die vorbeiziehenden Wale beobachten, die stimmungsvolle Fahrt durch hohe Karri-Wälder war ein Höhepunkt, in Margaret River liessen wir uns eine Weindegustation nicht entgehen und der Blick auf den Leuchtturm am Cape Leeuwin war phantastisch. Nur die Rochen in der Hamelin Bay wollten sich nicht zeigen. Wahrscheinlich fanden sie es zu windig und das Wasser zu kalt… wie wir auch😉.

Ab Augusta führte die Strasse im Inland unaufhörlich hoch und runter. Stimmt, wir erinnerten uns, Höhenmeter sind anstrengend! Die Happy Hour im Hotel Northcliffe definierten wir jedenfalls als hochverdient😉. Auf der Weiterfahrt durch endlosen Wald war ein 65m hoher Feuerwach-Karribaum im Warren Nationalpark besonders imposant. Diesen durften wir über eine abenteuerliche Leiter bis zur ersten Plattform erklimmen.

Bei Walpole kamen wir wieder ans Meer und bauten auf der Route nach Denmark viele atemberaubende Aussichten auf Buchten mit kristallklarem Wasser und weisse Sandstrände ein. Voller schöner Eindrücke erreichten wir den herzigen Ort Denmark. Hier durften wir mit Instruktionen per Whatsapp das charmante Haus von Andrea und David aufschliessen, welches sie uns trotz ihrer Abwesenheit überlassen. Wie unglaublich vertrauensvoll und grosszügig von den beiden, haben wir uns doch noch nie gesehen! Wir freuen uns sehr und sind gespannt darauf, unsere unbekannten Gastgeber morgen persönlich kennenzulernen.