Das Einfamilienhaus unserer Gastgeberin Ruth lag im Süden des Häusermeers von Adelaide. Wir hatten Ruth in Westaustralien kennengelernt, als sie mit einer Busreise unterwegs war und wir im Kalbarri Nationalpark Pause machten. Bei unserer zweiten Begegnung lud uns Ruth zu sich nach Adelaide ein und gab uns ihre Adresse.

Auf dieses grosszügige Angebot gingen wir sehr gerne ein und bezogen drei Monate später Ruths Gästezimmer. Ein Schlafplatz mit bequemem Bett, eine warme Dusche und eine Waschmaschine waren allerdings nur der Anfang von dem, was Ruth für uns machte. Wir wurden fürstlich verköstigt, das Zmorge stand jeden Morgen bereit, Ruth flickte mein Jäckchen und nahm sich viel Zeit, uns Adelaide und die Umgebung zu zeigen. Als leidenschaftliche Autofahrerin chauffierte sie uns nachts auf den Mount Lofty, um das Lichtermeer zu bestaunen und tagsüber durch die Innenstadt, an den Strand, durch Weinberge, zum Hafen und in hübsche Dörfer. Die Ausfahrten im Auto waren für uns völlig ungewohnt und etwa gleich anstrengend, wie selber zu tschaupe😉. Jedenfalls fielen wir jeden Abend todmüde ins Bett und waren überrascht, wie schnell eine Woche in Adelaide vorüber war. Okay, wir verbrachten auch zwei Tage mit Organisieren, Shoppen und einer Stadtbesichtigung auf eigene Faust.

Nach so viel Pause fühlte es sich richtig gut an, wieder in die Pedale zu treten und den frischen Wind im Gesicht zu spüren. Ahhh, wie wir doch die Freiheit auf unseren Zweirädern lieben😍!
Der Einstieg in den Veloalltag war allerdings nicht allzu schwer. Der erste kurze Fahrtag endete nach 60km bei Diana und Graeme auf ihrer wunderschönen «Hobbyfarm», welche sie seit ihrer Pensionierung ausbauen, pflegen, bewohnen und bewirtschaften. Wochen zuvor waren wir in Coffin Bay mit ihrem Sohn Fraser und seiner Tochter Heidi ins Gespräch gekommen… worauf uns Fraser zu seinen Eltern einlud. Hätte es uns nicht weiter gezogen, wären wir gerne viel länger bei den Pinkneys geblieben! An spannenden Geschichten zum Austauschen mangelte es nicht.

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Gut gestärkt und ausgeruht traten wir die Weiterreise an und brauchten etwas Zeit, um in Schwung zu kommen, denn die Fleurieur Halbinsel bot viele kleine Strässchen und Orte zum Verweilen. Erst nachdem wir in Wellington mit der Fähre den Murray River überquert hatten, wurden die Velotage wieder länger. Und langweilig! Auf der küstennahen Strasse gab es keinen Ausblick aufs Meer, mal fuhren wir durch hohen Busch, dann durch unansehnliche Forstplantagen und immer mit hartnäckigem Gegenwind. Nervenaufreibend waren zudem die vielen, aggressiv fahrenden Holzlastwagen auf der schmalen Strasse.

Für angenehme Abwechslung sorgten herzige Küstendörfer wie Beachport, Port Ferry oder die Kleinstadt Mount Gambier mit dem blauen Vulkansee. Im Hafen von Portland erlebten wir die faszinierende Seite der intensiven Holzwirtschaft: Mit Holzschnitzeln befüllte Doppellastwagen fuhren zum Entladen auf eine Rampe und wurden dort befestigt. Danach wurde die Rampe mit dem Lastwagen um mehr als 60° gekippt, sodass das Schüttgut aus den Anhängern rutschte. Wir hätten dem Treiben stundenlang zuschauen können… und taten es auch😊.

Bis zum Start der ikonischen Great Ocean Road war es nicht mehr weit. Schon kurz vor und insbesondere nach dem Dörfchen Peterborough reihte sich Aussichtspunkt an Aussichtspunkt. Die schroffen Felsformationen im wilden Meer begeisterten nicht nur uns, sondern auch zahlreiche andere Touristen. Das Verkehrsaufkommen hielt sich aber erfreulicherweise in Grenzen. Vom stockenden Kolonnenverkehr, welcher uns prophezeit wurde, war nichts zu spüren.
Genauso gut wie die Great Ocean Road gefiel uns der Otway Nationalpark im nahen Hinterland, mit seinen meterhohen Baumfarnen, Wasserfällen, gigantischen Eukalyptusbäumen und angepflanzten Redwoodbäumen.

Der nächste Abstecher führte zum Leuchtturm von Cape Otway. Zum Glück erspähten wir unterwegs einige herzige Kualas und genossen die Fahrt durch den schönen Wald im warmen Abendlicht. Denn wegen dem Leuchtturm hätte sich die Reise nicht gelohnt. Dieser war nur während den Öffnungszeiten gegen eine Eintrittsgebühr zugänglich und ansonsten von nirgends sichtbar.

Ab Apollo Bay füllten sich die Küstendörfer mit Gästen für die bevorstehende Weihnachts- und Ferienzeit. Hotels und Ferienwohnungen waren ausgebucht, Campingplätze dicht belegt und Cafés voll besetzt. Uns gefiel das Gerangel nicht besonders. Die Strasse führte zwar herrlich der Küste entlang und die grosse Mehrheit der Autos war auf der Gegenfahrbahn unterwegs. Trotzdem genossen wir die kostenlosen Zeltplätze im Hinterland und die Morgenstunden vor dem Trubel.

Melbourne lag nun in greifbarer Nähe. Um uns die Stadteinfahrt zu ersparen, hatten wir den genialen Plan, ab Pontarlington die Passagier- und Velofähre zu nehmen😉. Diese Idee war in der Tat grossartig. Das Boot legte im beschaulichen Pontarlington ab und nahm direkten Kurs auf die Skyline von Melbourne. Auf dem Weg zu den Docklands, fuhren wir dem Containerhafen entlang und konnten einige Blicke auf die grossen Frachtschiffe erhaschen. Die Fähre war ein Kursschiff, hätte sich aber gut zu einem mehrfachen Preis als Touristenkreuzfahrt verkauft. Wir landeten bequem mitten in der Stadt, wo uns ein erster Regenguss empfing. Im Unterstand eines Bushäuschens suchte David die ideale Route, wie wir am einfachsten unsere Ersatzreifen und den neuen Forumslader abholen und die Stadt gleich wieder in nordöstlicher Richtung verlassen konnten. Eine ausführlichere Stadtbesichtigung ist zu einem späteren Zeitpunkt und ausserhalb der Weihnachtszeit vorgesehen.

Dieser Beitrag wurde am 26. Dezember 2024 geschrieben und publiziert.