Nach dem vollen Programm in Tasmanien hatten wir überhaupt nichts dagegen, auf der Fähre untätig herumzulungern und unsere Rückkehr aufs Festland abzuwarten.

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Ab dem Hafen von Geelong trennte uns noch eine Tagesetappe von der ehemaligen Goldgräberstadt Ballarat, wo wir uns auf eine ausgiebige Pause freuten! Übernachten durften wir bei den Warmshower Gastgebern Adam und Claire, was ein absoluter Glücksfall war. In ihrem sehr geschmackvollen, von Wald umgebenen Zuhause fühlten wir uns super wohl und wurden erst noch mit einem wunderbaren Abendessen in bester Gesellschaft begrüsst. Herzlichen Dank Adam & Claire! Tagsüber besichtigten wir jeweils die sehenswerte Stadt, erledigten ein paar Besorgungen, kümmerten uns um Organisatorisches und nahmen uns viel Zeit fürs Nichtstun😊. Zum Abschluss unseres Aufenthalts lud uns ein anderer Warmshower-Nutzer zu seiner professionellen Stadtführung ein. Jarrod hatte noch Plätze auf seiner Tour frei und nahm uns zusammen mit zwei Amerikanerinnen auf einen Rundgang durch die versteckten Gassen Ballarats. Ein tolles Erlebnis mit vielen spannenden, humorvoll und sympathisch erzählten Geschichten aus der wilden Zeit des Goldrausches!

Mit vielen positiven Eindrücken und neuer Kraft in den Beinen verliessen wir Ballarat in Richtung Westen. Kaum hatten wir die letzten Einkaufszentren hinter uns gelassen, schweiften unsere Blicke wieder über die Weiten bis nach 300 Kilometern die Umrisse des Grampians Nationalparks am Horizont auftauchten. Von Dezember bis Februar war das Gebiet wegen heftigen Waldbränden gesperrt gewesen und so stellten wir uns auf ein trauriges Bild von verbrannten Baumresten und Rauchgeruch ein. Doch viele der verkohlten Bäume erholten sich bereits wieder, frische Blätter schossen direkt aus den Stämmen!

Im unversehrten Nordteil des Parks unternahmen wir eine kleine Wanderung auf den Pinnacle Lookout, von wo aus wir die umliegenden Ebenen überblickten. Am nächsten Morgen liessen wir die Berge hinter uns und pedalierten wir durch diese Ebenen mit riesigen, braunen, abgeernteten Getreidefeldern. Kräftiger Rückenwind machte die Fahrt unter dem weiten Himmel nicht nur eindrücklich, sondern auch richtig vergnüglich! Ein tolles Rahmenprogramm war die Besichtigung der kunstvoll bemalten Getreidesilos entlang des Silo Art Trails. Was 2016 auf Initiative eines Künstlers in Brim begann, machte schnell Schule. Viele Dörfer in der ländlichen Getreideanbauregion der Wimmera beschlossen, ihre Silos ebenfalls verschönern zu lassen und mit dieser Kunstgalerie ein paar Touristen in ihre Gegend zu locken.

Geschwind näherten wir uns der Grenze zu Südaustralien. Vom letzten Vormittag in Victoria gibt es allerdings noch etwas zu berichten: Wir können nicht oft genug betonen, wie freundlich, aufgeschlossen und offen wir die Australier erleben! Allerdings gibt es unter ihnen einen kleinen Anteil von überzeugten Velohassern. Sie geben uns mit mehr oder weniger viel Aufwand zu verstehen, was sie von uns halten. Die einfachste Variante ist, zum Gruss statt den Zeige- den Mittelfinger vom Lenkrad zu heben und dabei das Handgelenk etwas abzudrehen. Diese Botschaft ist unmissverständlich. Schon etwas mehr Einsatz bedarf es, lange und heftig auf die Hupe zu drücken, aus dem Fenster zu schreien oder uns extra knapp zu überholen. Erwähnenswert finden wir die besonderen Mühen, welche zwei Leute am besagten Morgen auf sich genommen haben.

Aus dem Rückfenster eines langsam überholenden Autos streckte uns jemand sein nacktes Hinterteil ins Gesicht. Hoppla! Wem auch immer dieser haarige, bleiche Männerarsch gehörte: sorry, das war kein schöner Anblick! Nur ein paar Kilometer weiter beschimpfte uns ein entgegenkommender Polizist aus seinem Dienstwagen heraus. Wir verstanden zwar nichts, der Tonfall war aber kein Wohlwollender. Kurz darauf wendete er über die doppelte Sicherheitsline, um uns von hinten kommend von der Strasse abzudrängen. Er schrie uns zu, dass man uns nicht gut genug sähe, wir sollten mit Licht fahren und auffälligere Farben tragen. Zu unserer Sicherheit! Ohne uns die Gegenheit für eine Reaktion zu geben, zischte er in seinem dunkelgrauen Auto davon… ohne Licht, versteht sich😉. Zum Glück sind Geschichten wie diese selten und verderben uns keinesfalls den Spass am Reisen in Australien!  

Mit freundlicher Unterstützung des Rückenwinds kamen wir auch in Südaustralien ausgezeichnet voran. In der Nähe des Murray Rivers prägten riesige, intensiv bewirtschaftete Obstplantagen das Landschaftsbild. Wo nicht bewässert wurde, waren die Felder staubtrocken, denn seit einem Jahr hatte es in dieser Region kaum geregnet. Dafür, dass uns trotz mühelosen Fahrstrecken nicht langweilig wurde, sorgten einige kleine Velopannen: Praktisch tägliche Platten machten den Reifenwechsel unausweichlich. Eine rostige Delle im Rahmen, wo mein Veloständer befestigt ist, musste mit Nagellack behandelt werden. Ab sofort wird mein beladenes Velo angelehnt oder abgelegt… Dann brach auch noch eine Bremsfeder, sodass ab jetzt nur meine Vorderbremsen funktionieren. Aber glücklicherweise spielt dies im Flachland keine Rolle😊. Ach ja, und das Schaltwerk bei meinem Velo hat sich so fest abgenutzt, dass Dreck eindringt und wir die Feder zum wiederholten Mal putzen mussten.

Zusätzlich hielt uns das Planen und Einkaufen von Vorräten für die kommenden Wochen auf Trab. Ab Loxton transportieren wir 17kg Vorrat übers Wochenende in unseren Taschen mit, bevor wir am Montag alles verpackten und zur Poststelle in Burra bringen konnten.

Schon am nächsten Tag häuften wir beim letzten grösseren Supermarkt an unserer Route in Jamestown wieder Proviant an. Die Strecke zwischen Jamestown und Parachilna hatten wir im November bereits in umgekehrter Richtung zurückgelegt. Der Blick auf die Flinders Ranges gefiel uns auch beim zweiten Mal supergut. Im Parachilna Hotel durften wir beim letzten Besuch vor den offiziellen Öffnungszeiten einen Kaffee trinken. Damals hatten wir abgemacht, dass wir uns, sollten wir jemals hierher zurückkehren, ein Abendessen gönnen würden. Denn das sehr geschmackvoll eingerichtete Hotel ist für seine Spezialitäten aus Emu, Känguru- und Kamelfleisch bekannt. Gesagt, getan! Wir schlugen zwar kostenmässig etwas über die Stränge aber es war eine einmalige Gelegenheit und der Wildteller schmeckte vorzüglich😊.

Ab Parachilna (keine ständigen Einwohner) fuhren wir auf der guten Asphaltstrasse von einer kleinen Siedlung zur nächsten: Lyndhurst (3 Einwohner), Leigh Creek (91 Einwohner), Coupley (83 Einwohner) bis Marree (65 Einwohner). Hier endet die befestigte Strasse…
Obwohl Marree am Rande des Outbacks liegt und als Ausgangspunkt für viele Touren durch und in die Wüste dient, läuft hier nicht viel. Es gibt ein Roadhouse mit Tankstelle, Post und General Store sowie ein typisches Hotel. In dessen Bar unter dem ausgestopften Büffelkopf lassen wir den Nachmittag ausklingen und stossen auf die zurückgelegte aber auch auf die bevorstehende Strecke an…

Dieser Beitrag wurde am 5. April 2025 geschrieben und am 19. April 2025 publiziert.