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Pannen
Zelt
ohne Dusche
>50% Sonne
Schokolade
Über Oodnadatta zum Uluru
Mit 18 Litern Wasser und 12 Kilogramm Essen pro Person fuhren wir am Abend aus Marree heraus, um ein paar Kilometer später neben der Strasse unser Zelt aufzuschlagen. Es war ein gutes Gefühl, endlich auf dem Oodnadatta Track unterwegs zu sein und nicht nur darüber nachzudenken, was wohl wäre, wenn… Die 600 Kilometer Piste durch ziemlich einsame Landschaften hatten im Vorfeld bedrohlicher geklungen als jetzt, als wir sie erlebten.



Der Oodnadatta Track
Lange Zeit glaubte man, Australien habe einen grossen Binnensee. Als Edward Eyre im Jahr 1840 anstelle von Süsswasser den ausgetrockneten Salzsee (Lake Eyre) bei Marree entdeckte, war die Enttäuschung gross. 20 Jahre später versuchte John Stuart auf insgesamt sechs Expeditionen, Australien von Süden nach Norden zu durchqueren. Seine Expeditionen folgten den Wasserlöchern entlang des heutigen Oodnadatta Tracks und 1862 erreichte er schliesslich Nordaustralien. Als im Jahr 1872 der Telegraph von London nach Sydney eröffnet wurde, folgte dieser der Route Stuarts. Auch die erste Dampfeisenbahn von Adelaide nach Alice Springs, die (Af)Ghan Line, war auf die Wasserlöcher des Oodnadatta Tracks angewiesen.
Die Strecke war jedoch anfällig auf Überschwemmungen und Sandverwehungen. Daher wurde im 20. Jahrhundert der Stuart Highway viel weiter westlich gebaut und 1980 wurde auch die Eisenbahn dorthin verlegt.
Heute ist der Oodnadatta Track eine berühmte 600 Kilometer lange Schotterpiste, an welcher es neben grossartiger Landschaft und zwei winzigen Ortschaften die Überreste der Ghan-Eisenbahn zu sehen gibt.
Es ist nicht überraschend, dass lokale Aboriginesgruppen die Wasserlöcher auf dem Weg von Süden nach Norden seit Tausenden von Jahren genutzt hatten und wussten, dass das Gebiet häufig überschwemmt wird.
Am ersten Tag folgten die Attraktionen Schlag auf Schlag: die Überquerung des Dingozauns bei Kilometer 40, die skurrile Mutonia-Kunstinstallation bei Kilometer 50 und am Abend der Blick auf den Eyre Salzsee. Danach war es mit den Sehenswürdigkeiten vorbei, aber wir waren absolut begeistert von den Weiten, der Stille und den Farben der Morgen- und Abendstunden! Auch einige sandige Bachbetten und kurze Abschnitt von Wellblechpiste vermochten unsere Euphorie nicht zu dämpfen. Mit Rückenwind und insgesamt superguten Strassenverhältnissen erreichten wir bereits am zweiten Tag die Coward Springs. Ein sympathisches, engagiertes Paar betreibt hier einen Campingplatz mit Café und Dattelhain. In dieser Oase mitten im Nirgendwo gönnten wir uns frische Scones, Kaffee und Cola, bevor wir gestärkt auf die staubige Strasse zurückkehrten.

Von hier aus waren es nur noch 70 Kilometer bis in Örtchen William Creek mit seinen 17 Einwohnern. Im legendären Pub/ Bar/ Restaurant/ Tankstelle/ Hotel herrschte schon um 8 Uhr morgens gute Stimmung. Das motivierte, fröhliche Team freute sich auf eine gute Wintersaison. Denn aufgrund der starken Regenfälle in Queensland verspricht sich der Lake Eyre mit Wasser zu füllen, was nur alle circa zehn Jahre vorkommt. Dann strömen die Besucher nach Williams Creek, um von hier einen Rundflug über den See zu unternehmen.
Für uns ging es nach der erfrischenden Pause auf dem Landweg weiter. Weil es drei Wochen zuvor in der Region aussergewöhnlich viel geregnet hatte, war die Landschaft überraschend grün, eigentlich eine riesengrosse Weide für die Rinder der gigantischen Höfe. Mit 24’000 km2 ist die Anna Creek Station die grösste Farm der Welt – mehr als halb so gross wie die Schweiz! Was der Regen leider auch mit sich brachte, waren ungeheure Scharen von Mücken, welche uns die Freude am Campen verdarben. Die sonst so magische Dämmerung war draussen nur zu ertragen, wenn wir uns in den Rauch von Mückenspiralen hüllten und mit Spray einrieben. Am Wasserloch bei der Algebuckina Eisenbahnbrücke wollten wir aus nachvollziehbaren Gründen nicht übernachten. Zum Glück hatte der 4WD Fahrer Alex hier ausgeharrt und bot uns an, unsere Wasserflaschen aus seinen Kanistern aufzufüllen. Damit tat er uns einen riesengrossen Gefallen, denn aus dem trüben Tümpel abzupumpen, hätte uns einige Stunden Arbeit und viele Schweisstropfen gekostet.

Am nächsten Morgen rollten wir ins Dörfchen Oodnadatta ein (ca. 102 Einwohner). Bevor wir es uns im Pinken Roadhouse für den Rest des Tages gemütlich machten, suchten wir den Community Store auf. Ein grosses Schild vor dem Eingang wies darauf hin, dass hier nur Lokale einkaufen dürfen. Touristen und Besucher wurden an das Roadhouse verwiesen. Wir wollten schon umkehren, als uns die indigenen Betreiberinnen fragten, was wir denn suchten. «Früchte und Gemüse… aber wir sind offensichtlich Touristen». «No worries, für euch machen wir eine Ausnahme. Früchte und Gemüse sind sowieso gratis. Nehmt, so viel ihr wollt, heute kommt eine neue Lieferung». Ich fühlte mich wie im Schlaraffenland, als ich einen Beutel Rüebli und einen frischen Brokkoli aus dem Kühlschrank nahm. Am liebsten hätte ich mich noch viel grosszügiger bedient aber es musste ja alles in unseren Taschen Platz haben. Wir kauften noch ein kühles Getränk dazu und bedankten uns ganz herzlich. Dann machten wir uns auf den Weg zum Roadhouse. Mit Kaffee, Strom, einem gemütlichen Sofa und später einem Apéro liess es sich hier gut aushalten😊. Wir wollten uns gerade auf den Weg zum Gratis-Campingplatz am Ende des Dorfes machen (also 200 Meter weiter😉), als ein Bash-Rally mit 20 Autos anrollte. So viel Spektakel sieht man hier nicht jeden Tag, insbesondere wenn sich die Leute als Schlümpfe-Familie, Super Mario & Luigi oder Lara Croft verkleiden.

Wir blieben noch eine Weile sitzen, kamen mit dem Organisator ins Gespräch und dieser insistierte darauf, dass wir mit ihnen Znacht essen sollten… make-your-own-Burger. Da wir Einladungen zum Essen eigentlich nie ausschlagen, verbrachten wir einen geselligen Abend im Pinken Roadhouse und stürzten uns erst spät in den Kampf gegen die Mückenplage.

Für die bevorstehenden 210 Kilometer bis Marla am Stuart Highway hatten wir drei Fahrtage eingeplant. Da es unterwegs kein Wasser gab, füllten wir wieder alle unsere Wasserbehälter auf. Kein Wasser bedeutete aber auch weniger Mücken… und das waren die je 18 Zusatzkilos alleweil wert😊! Der letzte Abschnitt des Oodnatatta Tracks ist am wenigsten befahren, weshalb wir schlechtere Strassenverhältnisse befürchteten. Doch das Gegenteil war der Fall: Auf dem platt gedrückten Lehm rollten wir mit starkem Rückenwind ohne Anstrengung 25km/h. Erst kurz vor Marla wurde der Belag steiniger und lockerer, was uns jedoch nicht daran hinderte, in zwei Tagen das Roadhouse zu erreichen. Dank besten Bedingungen, tollem Rückenwind, angenehmen Temperaturen und wolkenlosem Himmel (Regen hätte die Strasse in eine unpassierbare Schlammpiste verwandelt!) benötigten wir für die Route von Marree bis Marla nur sieben statt der vorgesehenen zehn Tage. Mit allabendlicher Kettenpflege blieben auch die Velos bestens im Schuss und wir konnten die Fahrt auf dem Oodnadatta Track in vollen Zügen geniessen.

Trotzdem waren wir froh und erleichtert, als wir in Marla auf die Asphaltstrasse zum Roadhouse einbogen und uns erst einmal ein kühles Getränk gönnten. Da es vom Roadhouse in Marla bis zum nächsten Supermarkt in Yulara noch 500 Kilometer zu pedalieren galt, hatten wir uns vor zwei Wochen ein 17 Kilogramm schweres Lebensmittelpaket hierhergeschickt. Überglücklich nahmen wir es entgegen und verteilten den Inhalt auf unsere Velos.

Ab Marla folgten wir dem unspektakulären Stuart Highway nach Norden. Die Strasse war überraschend wenig befahren, sodass wir uns gegenseitig vom kräftigen Seitenwind abschirmen konnten. Beim Erldunda Roadhouse bogen wir dem Touristenstrom folgend links ab in Richtung Uluru. Der Ärger über den teuersten Kaffee Australiens und das grimmige Management verflog schnell, als wir vom Rückenwind nach Westen geblasen wurden. Es folgten zwei weitere Tagesetappen fast ohne Abwechslung. Nur das Curtin Springs Roadhouse kündigte sich schon weit im Voraus mit «Free Camping, Homestyle Meals, Cold Drinks, Beer» an😊. Auf den ersten Blick sah die Anlage gepflegt und einladend aus. Wir freuten uns auf das kühle Getränk und ich hoffte, aus den Küchenvorräten ein paar Rüebli und Zwiebeln zu erwerben. Leider sollte es nicht so weit kommen: Als David fragte, ob er einen halben Liter Benzin für unseren Kocher auftanken könnte, wurde er vom Cowboy hinter dem Tresen abgewiesen: «Nein, für sowas verschwende ich meine Zeit nicht!». David ärgerte sich so sehr über den herablassenden Ton, dass er das Roadhouse verliess und mir den Versuch überliess, etwas Frisches zu ergattern. Ohne nach dem Preis zu fragen, liess ich mir zwei Äpfel von der Auslage geben, machte 6$ und nein, Gemüse benötigten sie für ihre Restaurantgäste. Diese werden auch stinkfreundlich und mit furchtbar viel Witz bedient. Grrrr… was für eine haarsträubende Attitüde! Dazu passte, dass über dem Eingang die weiss-nationalistische Eureka-Fahne wehte und der Uluru noch immer konsequent als Ayers Rock bezeichnet wurde. Falls jemand von unseren Lesern demnächst zum Uluru fährt: Erspart euch Curtin Springs!

Zu etwas Frischen kamen wir übrigens trotzdem: Einer der vielen «Adventure Tourbusse» hielt in Curtin Springs und wir beobachteten, wie Kühlboxen umgeladen wurden. Ich fragte die Fahrerin ohne Hemmungen, ob sie allenfalls Gemüse oder Obst übrighätten, worauf sie uns nur zu gerne die Resten des Picknicks schenkte. Denn sogar hier draussen wäre das unangetastete Essen im Abfall gelandet, was für eine Verschwendung!

Für unseren Aufenthalt im «Uluru-Kata Tjuta» Nationalpark mussten wir etwas erfinderisch sein, denn der Park ist nachts geschlossen und das Zelten darin ist so streng verboten, dass sogar wir uns daran hielten😉. Zumal wir als einzige Velofahrer ziemlich prominent waren und uns nicht so einfach inkognito im Busch verstecken konnten. Also fuhren wir nach einem ausgiebigen Halt im Dorf Yulara zu den 60 Kilometer entfernten Kata Tjuta Felsen weiter, um dort den Sonnenuntergang zu sehen. Etwas neidisch beäugten wir, wie einige Reisegruppen am Aussichtspunkt in weissen Blusen und Hemden an ihrem Cüppli nippten. Dass der patrouillierende Ranger uns als einzige nach dem Übernachtungsplatz fragte, war durchaus nachvollziehbar. Mit der Antwort «ausserhalb des Parks» war er allerdings sehr zufrieden und wünschte uns eine gute Weiterreise. Noch vor Einbruch der Dunkelheit verliessen wir den Park in westlicher Richtung und schlugen unser Zelt fünf Meter ennet der Parkgrenze auf😉.

Der nächste Tag begann mit einer kleinen Wanderung durch die Kata Tjuta, gefolgt von der Fahrt zum Uluru Infozentrum und der grossen Enttäuschung über das geschlossene Café. Am Abend sahen wir uns den Sonnenuntergang am Uluru an und mussten danach 20 Kilometer aus dem Park herausradeln, um im Busch zu campen. Ob die Übernachtung dort legal gewesen wäre, spielte eigentlich keine Rolle, denn morgens um 4:30 Uhr waren wir bereits wieder unterwegs, um die gleichen 20 Kilometer wieder abzuspulen und den Sonnenaufgang zu bewundern. Der Uluru wird zwar sehr gut vermarktet, aber wir fanden es schon magisch, wie sich der rote Koloss aus der Ebene erhebt. Nach der Veloumrundung des Felsens war unser Touristenprogramm beendet und wir kehrten nach Yulara zurück.

An die Aussenwand des Supermarkts lehnend geniessen wir hier die Annehmlichkeiten des Touristenorts. Es zieht uns nur bedingt weiter, denn uns erwarten drei Tage Gegenwind und zehn Tage bis zur nächsten Einkaufsmöglichkeit.
Dieser Beitrag wurde am 19. April 2025 geschrieben und am 3. Mai 2025 publiziert.
Wunderbar eure Fotos und Erlebnisse. Eindrücklich euer Elan und Abenteuergeist. Danke euch für die wunderbare Samstags Lektüre! Ein Genuss! Wir wünschen euch weiterhin eine tolle und Erlebnissreiche Reise durch die Welt. Liebe Grüsse aus Urdorf, Chrigi und Kathrin
Merci vielmal, ihr Lieben! Schön, dass wir den Samstagmorgen mit euch verbringen durften! Mehr Lektüre ist in Arbeit😄.
Wir wären gerne mit den Fahrrädern um den Uluru gefahren, aber die Preise sind wirklich unverschämt hoch und wir haben auch keine Velofahrer unterwegs angetroffen. Man kann auch gut rundherum wandern. Es hat sogar Notfall Telefons und Schattenunterstände. Weiterhin alles Gute und gute Reise. Annemarie und Ruedi
Wir haben viele Wanderer gesehen, waren aber froh, dass wir den sonnigen Latsch auf der Nordseite mit Velo verkürzern konnten😊.