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Pannen
Zelt
ohne Dusche
>50% Sonne
Schokolade
Sydney – Honolulu – Anchorage
Seit unserem letzten Beitrag vor drei Wochen sind wir 12000 Kilometer weit gereist, erlebten verschiedene Klimazonen und begegneten unterschiedlichsten Menschen. Aber alles der Reihe nach: Wir beginnen dort, wo wir letztes Mal aufgehört hatten, in Alice Springs.
Mit dem Greyhound Bus, den wir in Alice Springs bestiegen, fuhren wir 20 Stunden lang nach Adelaide. Tagsüber war die Fahrt, abgesehen von übelsten Körpergerüchen einiger Mitreisender, ganz angenehm. Doch nachts erwies sich der alte Bus als ausgesprochen unbequem zum Schlafen. Zudem fluchte der Fahrer lautstark, als er beinahe eine Kuh rammte und erst in letzter Sekunde auf den Schotter ausweichen konnte!

Übernächtigt erreichten wir am frühen Morgen Adelaide. Mit reichlich Kaffee hielten wir uns wach, klapperten ein paar bekannte Geschäfte ab und genossen den sonnigen Nachmittag in einem Park. Gegen Abend begaben wir zum Busbahnhof zurück, wo unsere Reise in Richtung Melbourne weiterging. Die 12-stündige Nachtfahrt war diesmaal ruhiger und wir waren müde genug, um einige Stunden zu schlafen. In Melbourne war es saukalt und wir warteten zitternd bis endlich der Warteraum aufgeschlossen wurde, um windgeschützt unsere Haferflocken zu mampfen. Danach fuhren wir in den frischen Herbstmorgen hinaus, spazierten durch den botanischen Garten und pedalierten mit unseren havarierten Velos an den Strand. Nach dem Besuch des Kunstmuseums war der Tag schon vorbei und wir waren bereit für die letzte Etappe im Nachtbus bis Sydney. Obwohl wir auch auf dieser Fahrt einigermassen schlafen konnten, waren wir froh und K.O., als die langen Busfahrten vorbei waren und wir zu Bonnie und Michael zurückkehren durften.

Ah, war das schön, so herzlich in einem vertrauten Zuhause empfangen zu werden und bei wunderbarem Essen bis in die späten Abendstunden über Australien und die Welt zu diskutieren. David hatte die lange Reise etwas zugesetzt, sodass er das leckere Yam Cha Frühstück am nächsten Morgen auslassen musste. Als besondere Überraschung hatten Bonnie & Michael echten Schweizer Käse für einen gemütlichen Racletteabend eingekauft…. himmlisch😊. Während unseres Aufenthalts widmeten wir uns allerdings nicht nur dem Essen. Unsere Pendenzenliste war lang und bestand vor allem darin, unsere Velos wieder in Schuss zu bringen und die Ausrüstung fürs kalte und nasse Wetter vorzubereiten. Dafür lag ein umfangreiches Ersatzteilpaket aus der Schweiz für uns bereit. Es enthielt unter anderem neue Kassetten, Kettenblätter, ein neues Schaltwerk für mein Velo, Schalträdchen, Schaltanzeigen, sechs Ketten, eine neue Hinterradbremse (auch für mich😉), Bremsklötze, Schaltwerkaufhänger, neue Rückspiegel, einen Kettenschutzring und Vieles mehr. Alle Ersatzteile passten und wurden von David in einem grossen Service fachmännisch eingesetzt. Mit komplett überholten Velos, glänzenden Zahnkränzen und funktionierenden Bremsen waren wir wieder richtig mobil, was für eine Freude!

Damit konnten wir uns im Veloladen blicken lassen, wo Velokartons für den Flug und unsere neuen Fahrradtaschen auf uns warteten. Auf diese Geschichte sind wir nicht unbedingt stolz aber freuen tun wir uns trotzdem: Als bei Regenwetter in den Viktorianischen Alpen die Inhalte unserer Taschen immer nasser wurden, fragten wir den Kundenservice von Ortlieb an, ob wir das Material unserer Sacochen irgendwie behandeln können, um es wieder wasserdicht zu bekommen. Da in Australien nichts repariert, sondern direkt ersetzt wird, kam als Reaktion zurück: «Wo wollt ihr eure neuen Taschen abholen?» Hmmm…, nach über drei Jahren im Dauereinsatz war ein Garantiefall eigentlich nicht mehr gerechtfertigt, aber wir schlugen das grosszügige Angebot dennoch nicht aus😇.

Nicht ersetzt, aber neu imprägniert, haben wir unsere Regenausrüstung und das Zelt. Die Reparatur unserer Kleider hat Bonnie für uns übernommen, merci vielmal! So hatten wir noch etwas Zeit, durch die Gassen von Newtown zu schlendern, eine kurze Hafenrundfahrt zu unternehmen und Sightseeing zu betreiben. Die Tage in Sydney vergingen viel zu schnell und schon bald kam der Morgen, an dem wir uns zuerst von Michael und nach einem herrlichen Zmorge auch von Bonnie verabschieden mussten😢. Mit Velo- und Gepäckkartons beladen, fuhren wir auf dem Veloweg direkt in den Flughafen von Sydney hinein. Etwa zwei Stunden später waren unsere Velos und Taschen verpackt und alles war bereit fürs Check-In.
Der Preis für den 10-stündigen Flug mit dem Billigfluggesellschaft Jetstar war unschlagbar. Aber er bot, was er kostete: nicht viel. Das „Znacht”, welches wir uns bei der Buchung gegen einen kleinen Aufpreis gegönnt hatten, war minimal und machte bloss Appetit auf mehr. Sogar die Filme im Bordkino hätten wir extra bezahlen müssen. Aber egal, wir und unser Gepäck kamen pünktlich und unversehrt in den USA an, konkret in Honolulu auf der hawaiianischen Insel Oahu.

Trotz vielen Warnungen wegen neuen Regelungen war die Einreise ohne Fragen oder Probleme ruckzuck erledigt und wir befanden uns auf freiem Fuss in Hawaii. Den ersten Schock hatten wir, als wir im Supermarkt Haferflocken fürs Zmorge einkaufen wollten. 8$ für ein Pfund Haferflocken! Wirklich? In der Schweiz kostest dies 0.65 Franken (nachgeschaut im Onlineshop der Migros😉).
Aber laut Google scheint der Konsumentenpreis zwischen 4 und 8$ pro Pfund Haferflocken in den USA normal zu sein. Ungläubig suchten wir im Internet nach den Weltmarktpreisen für amerikanischen Hafer. Dieser beträgt 330$ pro Tonne, also 0.15$ pro Pfund… Aber wie die Einheimischen hatten auch wir keine andere Wahl, als die verlangten Preise zu bezahlen und in nächster Zeit unser Frühstück mit Verstand zu geniessen.
Satt aber nicht unbedingt erfreut machten wir uns auf den Weg in Richtung Stadtzentrum. Unterwegs begegneten wir unzähligen Obdachlosen. Manche schliefen ohne irgendetwas am Boden, andere hatten sich unter Brücken eingerichtet. Im feuchtwarmen, tropischen Klima kamen zu den traurigen Anblicken noch üble Gerüche hinzu. Auch im kleinen, authentischen Chinatown im Stadtzentrum hielten sich viele Obdachlose auf. Dennoch fühlten wir uns im geschäftigen Viertel wohl und freuten uns über das grosse kulinarische Angebot.

Unsere Warmshowers-Gastgeber Laura & Frank wohnten unmittelbar neben dem Chinatown in einem Hochhaus mit toller Aussicht. Laura schien etwas geschockt, als sie uns vor dem Haus mit den Kartonboxen auf dem Gepäckträger antraf. Worauf hatten sie sich da eingelassen? Trotzdem nahm sie uns mit auf den 14.Stock. Dort durften wir unser schönes Gästezimmer beziehen und wurden mit vielen Tipps zu Honolulu und seiner Umgebung eingedeckt. So viel Zeit hatten wir auf Oahu gar nicht, um all das anzusehen und auszuprobieren😊.

Pflichtprogramm war natürlich der Besuch von Pearl Harbor, dessen Museum uns nicht vom Sockel riss. Viel begeisterter waren wir vom Foodcourt im Chinatown, von den Graffitis in Downtown und vom Balkon unseres temporären Zuhauses😊. Wir hätten überhaupt keine Schwierigkeiten gehabt, uns bis zur Abreise in der Stadt und ihrer Umgebung zu beschäftigen. Allerdings hatten wir die Umrundung der Insel bereits geplant und uns bei einem weiteren Warmshowers-Gastgeber im Osten angemeldet. Gut so, denn es wäre schade gewesen, die spektakuläre Ostküste zu verpassen. Wegen des Wochenendes herrschte viel Betrieb an den Stränden und entsprechend gross war das Verkehrsaufkommen. Auf uns wurde aber stets viel Rücksicht genommen, selbst wenn wir wieder einmal auf die falsche Strassenseite abbogen. Tatsächlich mussten wir uns nach eineinhalb Jahren Linksverkehr wieder ans Rechtsfahren gewöhnen!

Drei äusserst gemütliche Fahrtage reichten aus, um die kleine Insel Oahu zu umrunden und zu Laura und Frank zurückzukehren. Wir genossen einen letzten geselligen Abend mit unseren lieben Gastgebern und brachen am nächsten Morgen früh auf, um im reservierten Zeitraum zwischen 6 und 7 Uhr den Aussichtspunkt Diamond Head zu erklimmen. Der zeitige Aufbruch wurde mit schönen Weitblicken über Honolulu und Waikiki belohnt. Laura & Frank hatten uns den Schlüssel ihrer Wohnung anvertraut, sodass wir später unser Gepäck abholen und damit zum Flughafen radeln konnten.

Weil wir das Verpacken der Velos erst sechs Tage zuvor geübt hatten, ging es nun ganz schnell und wir waren viel zu früh bereit für den Weiterflug. Wir verliessen das Ferienparadies mit gemischten Gefühlen: Einerseits waren wir glücklich, dass wir tolle Warmshower Gastgeber kennenlernen und kurz einen Einblick in ihren Alltag erhaschen durften und waren beeindruckt von der unerwarteten landschaftlichen Schönheit. Andererseits waren wir deprimiert, dass wir auf der Strasse keine fröhlichen Gesichter, kein Lachen sahen. Dazu kam die schockierende Situation mit den Obdachlosen und die unverschämt hohen Preise für alles Mögliche, nicht nur Haferflocken. Nein, Importprodukte sind nicht zu billig, sondern die Eigenmarken sind ungerechtfertigt teuer. Wenn in der Agrarsupermacht USA die Grundnahrungsmittel mehr als doppelt so viel kosten wie in der Schweiz, kann etwas nicht stimmen. Die Produzenten erhalten für ihre Produkte nicht mehr Geld und die Angestellten im Supermarkt verdienen etwa die Hälfte. Da muss irgendwo unglaublich viel Geld verschwinden. Die einen kümmern sich mit Yoga-Privatlektionen auf dem SUP um das perfekte Aussehen, brausen mit dem Tesla Cybertruck um die Insel und kaufen in Designerläden ein, während andere kaum über die Runden kommen. Wir fanden diese Ungleichheit verstörend und frustrierend. Vielleicht gewöhnen wir uns bald daran und hoffentlich war Oahu ein unerfreuliches Extrembeispiel.

Nach einem fünfstündigen Flug landeten wir schon zum zweiten Mal innerhalb einer Woche in einer völlig neuen Welt. Unsere Gepäck- und Veloboxen warteten bereits auf uns, als wir die Gepäckausgabe im Flughafen von Anchorage erreichten. In der Ankunftshalle konnten wir völlig ungestört unsere Velos zusammenbauen, während am Schalter nebenan lange Boxen mit Jagdgewehren abgeholt wurden. Schon vor der Abfahrt kamen wir mit einigen freundlichen Passanten ins Gespräch und waren sehr erleichtert, dass die Stimmung hier in Alaska viel fröhlicher und zufriedener schien als auf Oahu. Kaum hatten wir dick eingepackt den Flughafen verlassen, erblickten wir die Umrisse verschneiter Berge und rochen den frischen Duft der frühlingshaften Wälder. Begeistert fuhren wir auf dem asphaltierten Veloweg dem Meer entlang in Richtung Stadtzentrum.

Beim Einkauf im Walmart erfolgte der zweite Schub von Erleichterung: Lebensmittel waren hier erschwinglicher. Abgesehen vom gefürchteten Regen und der Kälte gab es keinen Grund zur Sorge mehr. Erst recht nicht, als wir uns per Zugangscode Einlass ins Zuhause unserer vertrauensvollen Warmshowers-Gastgeberin verschafften. Mit einem warmen Kaffee in der Hand sitzen wir nun auf ihrem gemütlichen Sofa und freuen uns darauf, Stacey kennenzulernen, sobald sie von der Arbeit zurückkommt.
Dieser Beitrag wurde am 21. Mai 2025 geschrieben und am 4. Juni 2025 publiziert.
Hoi zäme!
Sehr cool geschrieben. Wir sind schon auf eure Berichte aus Amerika gespannt!
Wir sind immer noch in China, langsam aber sicher kommen wir jedoch Zentralasien näher 🙂 Schön, dass wir aus euren Berichten schon ein paar Eindrücke haben, was uns erwarten könnte!
Gute Fahrt und liebe Grüsse wünschen
Damian & Wei-Chi
Danke, schön von euch zu hören. Puh, ihr musstet in China wirklich flexibel bleiben😬
Wir wünschen euch eine tolle Weiterreise durch Zentralasien, geniesst es!
Hallo ihr zwei,
es ist schon ein Weilchen her, dass wir uns getroffen haben – um genau zu sein ein gutes Jahr. Unsere Weltreise endete im September 2025 und ihr, ihr folgt immer noch eurem Herzen und reist. Voller Begeisterung haben wir eure Blogs gelesen und sind nach wie vor sprachlos von euren geleisteten Kilometern! Der absolute Wahnsinn!
Alles Glück der Welt euch! ❤️
Bruno & Gena
Hallo ihr beiden… wir freuen uns sehr, von euch zu hören und dass ihr unsere Reise noch immer verfolgt.
Wie geht es euch? Gut zu Hause angekommen?
Plant ihr bereits die nächste Reise oder erstmals eure Hochzeit?
Alles Liebe & Gute von uns😗