Dass in anderen Ländern andere Ideale gelten, war bereits im Flugzeug von Dubai nach Baku nicht zu übersehen. Die aufgespritzten Lippen zahlreicher Passagierinnen waren bemerkenswert😊 – das Schönheitsideal heisst «Russian Lips» (Beispiele findet ihr hier).

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Viel besser gefallen hat uns ein anderer Anblick: blühende Bäume und spriessende Blätter als Boten des Frühlings in Baku. Von der lebendigen Stadt mit ihren kreativen Bewohnern, der beeindruckenden Architektur und dem sehenswerten Teppichmuseum waren wir sehr angetan.

Weniger entzückt haben uns die eintönigen Strassen Richtung Lankaran im Süden des Landes. Brodelnde Schlammvulkane waren zweifellos der Höhepunkt der ersten Tage en route. Spannender wurde es erst, als wir uns den Heilbädern von Naftalan im Kleinen Kaukasus näherten. Als Kuriosum badet man hier nicht in wohltuendem Thermalwasser, sondern in schwerem Rohöl. Leider ist das Spektakel Gästen mit einem Kuraufenthalt von mindestens 7 Tagen vorenthalten. Wir wagten trotzdem einen Versuch und fragten in einem (viel zu) chicen Hotel, ob ein Bad ausnahmsweise ohne Übernachtung möglich sei? Die jungen Rezeptionisten willigten zu unserer Freude ein. Sie stellten allerdings die Bedingung, dass wir uns nach dem Bad zwei Stunden in der Lobby entspannen müssen😊. Mit braunen, flauschigen Frottéetüchern ausgestattet, durften wir zum 10-minütigen Bad schreiten. Wer sich fragt, wie sich ein Bad im Rohöl anfühlt: wie flüssige Schokolade aber nicht so wohlriechend! Nach dem Bad wird das klebrige Öl abgeschabt und die braunen Rückstände mit sehr viel Seife weggeduscht.

Frisch gewaschen nahmen wir die Fahrt in den Göygöl-Nationalpark und zum gleichnamigen Bergsee in Angriff. Wegen Regenwetters war der Ausblick auf den See unspektakulär. Dafür konnten unsere neuen Regenponchos ihren Nutzen unter Beweis stellen.

Bald zeigte sich die Sonne wieder und wir genossen die wunderbare Strecke über Ganja nach Sheki am Fusse des Grossen Kaukasus sehr. Die Aussicht auf die verschneiten Berggipfel war phänomenal… bis zum nächsten Wintereinbruch😉. Den ersten Schnee auf unserer Reise sassen wir in einem Guesthouse in Sheki aus. Wir nutzten die Gelegenheit, den Shaki-Kahn Sommerpalast zu besichtigen und uns das faszinierende Handwerk der Shebeke Fenstermacherei zeigen zu lassen.

Warmes Wetter vermochte sich nach diesem Umschwung nicht wieder einzustellen. Frierend versorgten wir uns am Strassenrand mit warmen Qutab, mit frischen Kräutern gefüllte Omeletten. Als wir abends einen trockenen Zeltplatz suchten, wurden wir direkt in eine warme Stube eingeladen. Zusammen mit den Gastgebern, durften wir nach Sonnenuntergang bei Tee und köstlichem Pilaw Fastenbrechen. Dies war der einzige Ort in Aserbaidschan, wo wir überhaupt mitbekamen, dass aktuell Ramadan ist.

Am nächsten Morgen erwachten wir bei Sonnenschein und pedalierten warm eingepackt den verschneiten Berghängen entlang. Den Abstecher zum Bergdorf Lahic konnten wir mit der wunderschönen Überquerung eines 2000m hohen Passes zu einer Rundtour ausbauen.

In Aserbaidschan begegneten wir sehr vielen freundlichen und offenen Menschen! Immer wieder hörten wir «Atkuda wy?», was auf Russisch «von wo seid ihr?» bedeutet – dies haben wir erst nach zwei Woche herausgefunden😉. Weil wir weder Russisch noch Azeri sprechen, konnten wir die vielen neugierigen Fragen ausserhalb der Hauptstadt nur sehr rudimentär beantworten. Aber wenn man von Babuschkas (=Grossmütter) umsorgt wird, braucht es keine grossen Worte😊…

Bei aller Liebenswürdigkeit und Gastfreundschaft mussten wir stets vor der Geschäftstüchtigkeit der Leute auf der Hut sein. Es empfiehlt sich, vor der Bestellung den (oftmal nicht angeschriebenen) Preis festzulegen, auch wenn es nur um wenige Manat geht. Ansonsten bezahlt man das Doppelte oder die nicht bestellte Schoggi zum Tee wird überrissen teuer verrechnet. Retourgeld mussten wir stets sorgfältig überprüfen, denn Rechenschwäche ist weit verbreitet😉. Es ist schade, dass uns auch dieser Eindruck in Erinnerung bleiben wird…

Unsere interessante Reise durch Aserbeidschan schliessen wir mit einem erneuten Besuch von Baku ab. Hier geniessen wir für einige Tage die tolle Stadt, bevor es zum Fährhafen von Alat weitergeht.