Während unseres ersten Aufenthalts in Tbilisi hätten wir gerne das Visum für Iran organisiert. Leider kam das benötigte Empfehlungsschreiben nicht rechtzeitig, sodass wir unverrichteter Dinge ins nordwestliche Georgien aufbrachen.

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Mit heftigem Rückenwind erreichten wir in drei Tagen Kutaisi, die ehemalige Hauptstadt vieler Königreiche Georgiens. Unterwegs besuchten wir das Jvari-Kloster, welches uns vor allem durch die schöne Aussicht beeindruckte, übernachteten auf dem sehr hübschen Campingplatz einer Baumschule (mit vorzüglichem Hauswein;-)) und nervten uns über den 30km langen unerwarteten Schotterabschnitt einer «Hauptstrasse». Im Hostel von Kutaisi fanden wir heraus, dass die benachbarte Stadt Tskaltubo ein mondäner Badeort der sowjetischen Elite war. Heute sind die Palast-Hotels und Badeanstalten zerfallen und können «besucht» werden. Selbstverständlich liessen wir uns diese Attraktion auf dem Weg in die Berge nicht entgehen.

Vor der Strecke über den Zagari-Pass (2620m) in die Region Svaneti hatten wir viel Respekt, weil diese scheinbar über eine 75km lange Schotterstrasse führte. Unsere Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht, da ein Grossteil der Strasse mit Betonplatten befestigt worden war und der restliche Teil so oft mit Autos befahren wird, dass wir auf dem festgedrückten Untergrund praktisch ohne zu schieben vorankamen. Der Atem blieb uns aber wegen dem atemberaubenden Panorama weg! Auch als berggewohnte Schweizer waren wir von den weissen Gipfeln des Grossen Kaukasus sehr beeindruckt.

Die malerischen Bergdörfer von Ushguli mit ihren Wehrtürmen gaben der Kulisse das Tüpfelchen auf den i. Allerdings fanden wir die Dörfer nur durch die Kameralinse malerisch, da sie täglich von unzähligen Touristen überschwemmt werden, welche mit 4×4 Busen hochfahren. Weil jedes Haus auch ein «Guest House» ist, bliebt von der Abgeschiedenheit und Ursprünglichkeit nicht viel übrig. Das «Kino» in Ushguli dünkte uns hingegen sehr originell. Es wurde in einem alten Steinhäuschen mit Leintuch und Projektor improvisiert. Mehrmals täglich wird dort der (preisgekrönte und sehr empfehlenswerte!) Film «DEDE» über ein Familiendrama gezeigt, welches sich vor erst 30 Jahren in den Dörfern von Ushguli zugetragen haben soll.

Nach einem halbtägigen Velo-/Wanderausflug zum Shkhara-Gletscher haben wir Ushguli über die Staubstrasse verlassen. Unser nächster Halt war Mestia, von wo aus wir zwei wunderschöne Tageswanderungen unternahmen. Wir verliessen die Region Svaneti über eine Strasse mit mühsam viel Auf und Ab in Richtung Ebene, wo uns eine drückende Hitze von 36° empfing.

Trotzdem pedalierten wir zum Geheimtipp der Region: 77° heisse Schwefelquellen, welche in den Fluss Tekhuri fliessen und sich mit diesem zu angenehmen Temperaturen vermischen. Schnell erkannten wir, dass die Quellen nur vor Touristen geheim gehalten werden… wir genossen das Bad im Fluss zusammen mit hunderten Einheimischen. Wie das ganze Bade-Gelände ohne ein einziges WC auskommt, bleibt uns ein Rätsel…
Ohne es zu realisieren, knackten wir am nächsten Tag die 10’000km-Marke unserer Reise – darauf angestossen haben wir später:-)

Weil wir nach Mestia noch nicht genug Schotterstrasse gefahren hatten :-), wählten wir für die Weiterreise die Piste durch den Borjomi-Kharagauli-Nationalpark. Diese Strecke wird wenig befahren, bietet wunderbare Ausblicke und einen idealen Campingplatz oben auf dem Zekari-Pass (2182m). Der Schlafplatz war jedoch nur solange ideal, bis Hirten im nahen Unterstand zu trinken begannen und ab 1 Uhr nachts (in die Luft?) schossen. Als eine Herde aufgescheuchter Pferde unweit unseres Zeltes vorbeigaloppierte, fühlten wir uns am Schlafplatz definitiv nicht mehr wohl.

Um die Stadt Borjomi herum tobten wegen der Hitze und Trockenheit diverse Waldbrände. Löschhelikopter flogen im Dauereinsatz. Nichtsdestotrotz wurde überall unbesorgt grilliert und getrunken.

Mangels Alternative wählten wir für die Rückreise nach Tbilisi die gleiche Route wie auf dem Hinweg. Auf der gesamten Rundreise durch Svaneti trafen wir sehr viele Touristen, insbesondere auch Velofahrer. Mit ihnen hatten wir viele schöne Begegnungen, kamen aber wenig mit der einheimischen Bevölkerung in Kontakt. Erst in den weniger touristischen Gegenden freuten sich die Leute wieder über unseren Besuch, zeigten uns ihre Backstube oder luden uns vormittags zu Melone und Wein ein.

Nun verbringen wir erneut ein paar Tage in Tbilisi. Nach dreistündiger Odyssee zwischen Botschaft und Bank (zum Zahlen der Visa-Kosten) sind wir nun stolze Besitzer eines Iran Visums! Bevor wir im Oktober über Armenien in den Iran reisen, möchten wir Tushetien besuchen, eine Region im Nordosten Georgiens. Über Tbilisi werden wir nach unserem letzten Aufenthalt einen kurzen (Foto-)Beitrag machen.