Auf der laotischen Seite war der Grenzposten ein Durcheinander aus vielen Schaltern, Kabinen und mehr oder weniger intakten Gebäuden.

Für unsere Velos mussten wir an einem Automaten eine Vignette mit QR-Code ausdrucken und einem Mitarbeiter die bekannte Velogebühr von 20’000 Kip (=0.5 CHF) aushändigen. Am nächsten Schalter sollten wir abgesehen von (nochmals) 20’000 Kip zusätzlich 70’000 Kip Vignettengebühr bezahlen😉. Wir lachten und erklärten, dass wir den Aufkleber weder wollen noch benötigen! Mit Blick aufs offizielle Gebührenschild beharrten wir darauf, lediglich die Velogebühr zu entrichten. Am letzten Schalter realisierte der Beamte, dass die dickköpfigen Velofahrer die Mühe nicht wert waren und liess uns ziehen. Dass die Quittung einen Betrag von 90’000 Kip auswies und wir davon nur 20’000 Kip bezahlten, störte schlussendlich niemanden😉.

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Am nächsten Morgen machten wir einen Ausflug zum nahegelegenen Aussichtspunkt, von wo ein riesiger Buddha auf die Stadt Pakse und den Mekong blickt. Wir trauten unseren Augen kaum, als auf der Strecke ein Volkslauf stattfand! Es war erfrischend zu sehen, dass Leute Spass daran hatten, einen Sportanlass zu organisieren und andere ebenfalls Spass hatten, daran teilzunehmen und sich freiwillig zu bewegen.

Wir hingegen entschieden uns, jede zusätzliche Anstrengung in Form von Besichtigungstouren ins zentrale Bergland zu vermeiden. Die schlechte Luft liess ohnehin keine Fernsicht und die Hitze keine grosse Leistung zu. Auf kleinen Nebenstrassen fuhren wir gegen Süden zu den viel gerühmten Mekonginseln. Sie sind ein Paradies zum Nichtstun, denn es gibt nichts zu tun😉. Wir wählten Champasak als Ort zum Ausruhen, wobei es uns hier überhaupt nicht gefiel. Die paar Unterkünfte und Restaurants waren komplett auf uns westliche Besucher ausgerichtet und buchstäblich eine Parallelstrasse zum lokalen Leben.

Weniger an die Bedürfnisse der Touristen angepasst, präsentierte sich das Vat Phou. Was uns vom Khmer-Hindu-Tempel besonders in Erinnerung bleiben wird, sind ungeheure Abfallberge und deren Geruch. Sie waren die Überbleibsel eines religiösen Festivals, welches am Wochenende zuvor stattgefunden hatte. In einem kleinen Teil des Areals machten sich Helfer daran, den Müll zu verbrennen, während Mensch und Tier nach brauchbarem Abfall suchten.

Auf der Weiterfahrt pedalierten wir mal auf Piste, mal auf Asphalt und bei heisser werdenden Temperaturen. Ob wir auf dem Festland oder über eine Mekonginsel fuhren, war einerlei. Denn das Wasser des überraschend sauberen Flusses sahen wir nur, wenn wir diesen überquerten oder bei der Besichtigung der imposanten Khon Phapheng Wasserfälle.

Über den Grenzübergang nach Kambodscha hatten wir viele Berichte von korrupten Beamten und phantasievollen Gebühren gelesen. Mit viel Suchaufwand fanden wir im Internet eine offizielle Preisangabe für ein Visum on arrival: 30$. Bereits auf laotischer Seite wollten wir die Bitte um zwei Dollar «Stempelgebühr» nicht verstehen und stellten uns am Grenzposten von Kambodscha auf ein langes Geduldspiel ein. Dass morgens um 8 Uhr noch niemand zugegen war, brachte uns nicht aus der Ruhe. Wir zückten unsere e-Reader, setzten uns hin und signalisierten, dass wir keine Eile hatten. Schon nach kurzer Wartezeit erschien ein Beamter und informierte uns über die Visumskosten von 38$. Wir erklärten, dass wir nicht bereit sind, mehr als 30$ zu bezahlen, woraufhin er uns das Visum inkl. Stempelgebühr als Sonderangebot für 35$ offerierte😉. Ohne darauf einzugehen, verwiesen auf die Internetseite des kambodschanischen Aussenministeriums, wo wir die Preisangabe gefunden hatten. Nachdem David eine Runde «wer zuerst wegschaut, hat verloren» gewonnen hatte, wurden unsere Pässe und je 30$ diskussionslos eingesammelt und die Visa ausgestellt. Auch geholfen hat, dass ein Bus mit weiteren Touristen ankam und diese nichts von der Preisdiskussion mitbekommen sollten.
Obwohl es für uns nur um wenig Geld geht, wollen wir betrügerische Gebühren aus Prinzip nicht unterstützen und unseren direkten Beitrag an den korrupten Beamtenapparat verweigern. Bei einem Durchschnittseinkommen von 150$ pro Monat fallen ein paar zusätzliche Dollar durchaus ins Gewicht.

Wir hatten nicht damit gerechnet, bereits nach zwei Stunden die erste Nudelsuppe auf kambodschanischem Boden zu geniessen und gönnten uns deshalb eine viel zu lange Pause. Auf der schlechten Strasse bis Stung Treng holte uns die Mittagssonne ein und machte klar, dass es sie künftig zu vermeiden galt.
Unsere Erwartungen an Kambodscha waren bescheiden. Es sei flach, eintönig und heiss, wurde uns berichtet. Gerade deshalb wollten wir uns ein eigenes Bild machen und dieses fiel wesentlich positiver aus. Die Fahrt durchs ländliche Kambodscha gefiel uns sehr: Die Leute waren freundlich und fröhlich, die Felder mit Maniok-, Reis- oder Cashewplantagen bebaut.

Aber die Hitze bestimmte unseren Reisealltag. Normalerweise beendeten wir die Velofahrt schon zur Mittagszeit und verbrachten den Nachmittag an einen Platz mit Schatten und Ventilator😊. Auch am Abend und in der Nacht sank das Thermometer kaum unter 30°C und klimatisierte Räume sucht man ausserhalb von besseren Hotels vergebens. Wir verzichteten auf vorgesehene Umwege und pedalierten direkt nach Siem Reap, einer modernen Stadt, welche sich um das historische Angkor gebildet hat. Lange überlegten wir uns, ob wir die Tempel von Angkor überhaupt besuchten sollten. Nach den Erlebnissen in Kyoto hatten wir uns vorgenommen, touristische Pflichtprogramme zu hinterfragen. Aber Kambodscha ohne Angkor Wat? Wir entschieden uns, den stolzen Eintrittspreis zu bezahlen … und bereuten es keineswegs.

Wie scharenweise andere Besucher, fanden wir bereits bei Sonnenaufgang vor dem Angkor Wat Tempel ein. Angkor bezeichnet übrigens die Hauptstadt des Angkor-Reiches, in welcher vom 9. – 15. Jahrhundert bis zu 900’000 Menschen lebten. Der berühmteste Teil von Angkor ist die Tempelanlage Angkor Wat. Sie wird seit 900 Jahren durchgehend benutzt und ist sogar auf dem kambodschanischen Wappen abgebildet.
Uns beeindruckten insbesondere die schönen Figuren und detaillierten Wandreliefs. Die Velos waren das ideale Fortbewegungsmittel, um uns auf dem weitläufigen Gelände zwischen den 72 Tempeln selbständig zu bewegen oder bei über 39°C Schattentemperatur eine der vielen Pausen einzulegen.

Von Siem Reap aus bliess uns zügiger Rückenwind nach acht Tagen in Kambodscha wieder Richtung Thailand. Wir rollten so mühelos durch die hier tatsächlich öde und heisse Landschaft, dass wir kurzerhand auf die geplanten Zusatzkilometer nach Battambang verzichteten. Eigentlich hätten wir uns in dieser Gegend etwas mehr mit der dunklen Zeit der Khmer Rouge auseinandersetzen wollen. Die schwarze Armee um Pol Plot ermordete zwischen 1977 und 1979 einen Viertel der kambodschanischen Bevölkerung, insbesondere Menschen mit Ausbildungen, Lehrer, Ärzte, Künstler. Sein Ziel war es, einen perfekten kommunistischen Agrarstaat zu errichten, in welchem alle Menschen auf den Feldern arbeiten. Mit dem Einmarsch der Vietnamesen 1979 endete die Schreckensherrschaft und eine neue Regierung wurde etabliert. Doch im Nordwesten des Landes herrschten die Khmer Rouge bis 1992, ironischerweise dank der Unterstützung westlicher Staaten. Als Folge davon ist Kambodscha bis heute eines der vermintesten Länder der Welt.
Auf der Homepage des NGO Documentation Center of Cambodia fanden wir schockierende Erlebnisberichte der Überlebenden.

In der dreckigen und stinkenden Casino-Grenzstadt Poipet hielt uns nichts. Ohne Halt überquerten wir die Grenze zurück nach Thailand und genossen die Abkühlung im ersten klimatisierten 7-Eleven😊.