Mit vielen schönen Erinnerungen blicken wir wehmütig auf die wunderbaren zehn Tagen Freiwilligeneinsatz in Telavi zurück. In ihrem zukünftigen Guesthouse «friendly home» haben uns Guga und Nutsa, ein junges georgisches Paar, mit offenen Armen herzlich empfangen. Wir haben uns bei ihnen und ihren Tieren (zwei Hunde, vier Katzen, zwei Kaninchen und zwei Enten) sofort zu Hause gefühlt und wohnten zusammen wie in einer super WG. Jeden Morgen haben uns die nimmermüden Hunde erwartungsvoll und Schwanz wedelnd begrüsst. Mit Guga und Nutsa hätten uns keine besseren Gast- und Arbeitsgeber wünschen können!

Bei unserem Freiwilligeneinsatz ging es darum, den Ausbau des «friendly home» zu unterstützen. Noch am Abend unserer Ankunft konnten wir uns den Stand der Renovation ansehen und durften auswählen, woran wir arbeiten möchten. Offensichtlich musste vor den weiteren Ausbauschritten die elektrische Verkabelung in Ordnung gebracht werden. David hat etwas gezögert, weil er zwar Erfahrung bei der Elektroplanung und Verkabelung von Industriemaschinen, aber nicht mit Hausinstallationen hatte. Nach einem ersten Blick auf die bereits eingezogenen Kabel war jedoch schnell klar, dass er die Arbeit sicher nicht schlechter als die hiesigen Elektriker erledigen würde.

In Georgien ist es so, dass Handwerker bestenfalls eine minimale technische Ausbildung haben und oft nicht exakt oder zuverlässig arbeiten. Weil auch die Art der Bezahlung geradezu zum Pfuschen animiert, musste Guga den Handwerkern immer gut auf die Finger schauen: Die Bodenleger werden per Quadratmeter und die Elektriker nach Anzahl Schalter, Steckdosen und Verteilboxen bezahlt. Kein Wunder, sind Steckdosen nie auf gleicher Höhe montiert und lösen sich beim Ausziehen des Kabels aus ihrer Verankerung.
Handwerker erscheinen selten zur abgemachten Zeit und bringen kein Baumaterial mit. Da weder Baupläne noch Offerten existieren, ist unklar, welche und wie viele Materialen benötigt werden. Der Bauherr muss alles selber einkaufen, was eine nervenaufreibende Aufgabe ist: Häufig müssen verschiedene Geschäfte abgeklappert werden und wenn gerade der Strom aufällt (was mehrmals wöchentlich passiert), wartet man ohne Weiteres eine halbe Stunde an der Kasse. Geduld und Gelassenheit sind Eigenschaften, die Georgier auf alle Fälle mitbringen 😀

Als erstes zeichnete David in einem Elektroschema auf, wo welche Steckdosen, Schalter, Lampen, Ventilatoren und Verteildosen montiert werden sollten. Danach musste er herausfinden, welche Kabel bereits verlegt wurden und welchem Zweck sie dienten. Diese Aufgabe nahm für die fünf Räume viel Zeit in Anspruch, insbesondere weil ein riesiges Durcheinander mit den Kabelfarben herrschte. Oft wurden die normierten Farben für Erdung (wird nie angeschlossen und verwendet), Neutralleiter und Phase verwechselt, sodass wir jede Verbindung kontrollieren mussten.
David und Guga haben sich Schritt für Schritt durch die Räume gearbeitet, Fehler gesucht, Kabel gezogen, Löcher in die Trockenwände gebohrt (isoliert wird in Georgien trotz kaltem Winter nicht), Material eingekauft, Steckdosen und Schalter montiert, etc.

Dank Davids guten Anweisungen konnte ich bei der Montage und Verkabelung mithelfen, was mir viel Spass machte. Wir hatten alle Freude daran, das Resultat unserer Arbeit und die Fortschritte auf der Baustelle zu sehen. Weil unsere Gastgeber kaum Zeit (und Muse) zum Kochen hatten, durfte ich diese Aufgabe übernehmen. Ich habe es genossen, nach fünf Monaten kochen auf dem Benzinkocher in einer Küche mit fliessendem Wasser, Herd und Ofen schalten und walten zu können. Abgesehen vom Kochen durfte ich mich auch beim Zuschaufeln des Grabens für die Drainage ums Haus herum verausgaben.

In unserer Freizeit haben wir mehrmals das Städtchen Telavi besucht und eine sehr spannende und informative Weindegustation mitgemacht. Beim Zusammensitzen mit unseren Gastgebern erfuhren wir viel über georgische Traditionen, Geschichte und Kultur. Auch die schwierige politische Situation im Kaukasus war ein Thema. Dazu produzierte ZDF kürzlich einen interessanten Dokumentarfilm, der die verschiedenen Perspektiven aufzeigt (etwas theatralisch verpackt).

Wir sind sehr froh und dankbar für die bereichernde Zeit in Telavi, für die wertvolle Begegnung mit unseren Gastgebern und für den spannenden Einblick in den georgischen Alltag! Herzlichen Dank an Guga und Nutsa!