Dass die Fähre aus der Türkei statt um 04:30 Uhr erst um 08:30 Uhr im Hafen von Girne anlegte, kam uns gelegen. Wir mussten nicht auf einer Parkbank bis zum Morgengrauen ausharren, sondern konnten direkt zum Kaffee fahren.😊

Da Zypern seit 1974 in die international nicht anerkannte «Türkische Republik Nordzypern TRNC» und die anerkannte Republik Zypern im Süden geteilt ist, gilt eine Einreise für die EU in den Inselnorden als illegal. Die Ein- und Ausreisestempel der «TRNC» könnten uns auf der Weiterreise Probleme bereiten. Um sie zu vermeiden, präsentierten wir dem Grenzbeamten nur die Identitätskarte. Zu unserer Erleichterung, stellte er keine Fragen und wir erhielten den Einreisestempel wie gewünscht auf ein separates Blatt.

Zypernkonflikt

In diesem Beitrag möchten wir uns nicht politisch über den Zypernkonflikt äussern. Dieser ältere Artikel von Deutschlandfunk beschreibt übersichtlich, wieso die Insel geteilt und eine (Ver)Einigung nicht absehbar ist.

Durch die wirtschaftliche Isolation und die enge Anbindung an die Türkei, erhält man in der TRNC primär türkische Waren und die offizielle Währung ist die türkische Lira. Die Republik Zypern (im Süden) ist Teil der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Sowohl im Norden als auch im Süden boomt neben dem Tourismus auch die Immobilienbranche – wir hatten den Eindruck, die Insel befände sich im Ausverkauf…

Unsere Illusion, wegen zwei Wochen Linksverkehr die Rückspiegel nicht ummontieren zu müssen, gaben wir nach den ersten hektischen Kreuzungen, Kreisverkehren und knappen Überholmanövern schnell auf. Noch etwas unsicher auf den Rädern, führte uns die erste kurze Etappe in Nordzypern direkt ins Paradies…😉
Zum zweiten Mal auf unserer Reise hatten wir uns bei Warmshowers-Gastgebern eingeladen. Wir wurden herzlich empfangen und durften uns in einem wunderschönen Zimmer mit Meer- und Poolsicht einrichten. Am Abend und zum Zmorge wurden wir kulinarisch verwöhnt und bekamen allenthalben jeden Wunsch erfüllt, bevor wir ihn hatten. Die spannenden und lustigen Unterhaltungen liessen die Zeit im Flug vergehen. Herzlichen Dank, Rachael & Jeff, einen besseren Start auf Zypern hätten wir uns nicht vorstellen können!

Mit vollen Batterien starteten wir unsere Reise ans östliche Ende Zyperns, auf die Halbinsel Karpaz. Unsere Route führte über Asphalt und Schotterstrassen immer sehr schön dem Meer entlang zu den berühmten halbwilden Eseln, der Hauptattraktion dieser Region. Nach einem Abstecher in die ehemalige Touristenmetropole Famagusta (die südlichen Stadtgebiete sind heute militärisches Sperrgebiet) und der Besichtigung von römischen Ruinen in Salamis, zog es uns zurück in die Berge.

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Dem Kamm des Besparmak-Gebirges folgend, überquerten wir die Nordinsel auf einer Waldstrasse von Ost nach West. Für die Fahrt/ das Schieben auf der teils sehr steinigen Strasse wurden wir mit wunderbaren Aussichten und schönen Campingmöglichkeiten entschädigt! Wegen holprigen Schotterstrassen mit vielen Höhenmetern und dem knapper werdenden Tageslicht, beschränkten sich unsere Tagesetappen auf ca. 50km. Erfreulicherweise war die Versorgung mit Wasser und Essen viel einfacher als angenommen. Glücklich und zufrieden erreichten wir nach drei Tagen die Westspitze Nordzyperns.😊

Von hier pedalierten wir auf direktem Weg in die geteilte Hauptstadt Lefkoşa/ Nikosia und überquerten mitten in der Fussgängerzone die Grenze nach Südzypern (die anerkannte Republik Zypern) … erneut problemlos und ohne Fragen.
Bereits in der ersten Nacht wurden wir belehrt, dass wir die Campingplätze im Südteil der Insel gut aussuchen müssen. Kaum brach die Morgendämmerung ein, hörten wir Schüsse in der Ferne. Wir packten rassig zusammen und vernahmen nun auch Schüsse ganz in der Nähe. Eilig schoben wir unsere Velos aus dem verlassenen Olivenhain an die Strasse hoch. Während wir dort Zmorge assen, streiften die Jäger in Warnwesten durchs Gelände. Mit ihren Schrotflinten schossen sie ins Gebüsch, wohl in der Hoffnung auf einen Glückstreffer! Abgesehen von ein paar Hasen, Füchsen und Wildcampern gibt es auf Zypern nämlich kaum noch Wildtiere.😊 

Hell wach genossen wir die Fahrt auf kurvigen Bergstrassen durch das Troodos-Gebirge, mit dem Mount Olympus (1952m) als höchsten Punkt. Natürlich besuchten wir auf der Ferieninsel auch einige Sehenswürdigkeiten: z.B. zwei Scheunenkirchen und das Kykkos-Kloster im Troodos-Gebirge, die Blaue Lagune bei Polis oder das antike Paphos mit seinen beindruckenden Mosaiken. Trotz der Schönheit Zyperns sind wir froh, dass die Reise weitergeht. Uns herrschte hier zu viel Ferienstimmung und wir vermissten die fremde Kultur, das Unbekannte und die Abenteuer abseits der Touristenmassen!😉

Wir hatten lange und intensiv nach einem möglichen Schifftransfer von Zypern (oder der Türkei) nach Israel gesucht. Unsere Anfragen an alle auffindbaren Frachtschiff- und RoRo-Reedereien sowie diverse Reiseveranstalter brachten keinen Erfolg.
Durch das Studium der Fahrpläne von den Häfen in Ashdod und Haifa fanden wir die israelische Kreuzfahrtgesellschaft Mano-Cruise, welche u.a. Kurz-Kreuzfahrten ab Haifa anbietet. Unter der Voraussetzung, dass wir die gesamte Kreuzfahrt buchten (d.h. Haifa-Limassol-Haifa in drei Tagen) und zusätzlich einen Hafenagenten in Limassol bezahlten, durften wir zusteigen. Zudem benötigten wir einen negativen Coronatest und mussten die Velos als Gepäckstück verpackt in der Kabine verstauen. Die Vorbereitungen für die Überfahrt waren eine zeitraubende, organisatorische und logistische Herausforderung… alles Weitere verlief reibungslos.

Gemeinsam mit zwei anderen Paaren auf Tourenvelos durchliefen wir im Hafen von Limassol das Sicherheits- und Einschiffungsprozedere. Das Gepäck inkl. Velos wurde vom ausserordentlich freundlichen und hilfsbereiten Personal von der Landungsbrücke direkt auf die Kabine gebracht, sodass wir uns sofort dem Überfluss und Konsumgeist auf dem Schiff widmen konnten.😉 Wir hatten uns die Kreuzfahrt ungefähr so vorgestellt, wie sie im preisgekrönten Kurzfilm «All Inclusive» dargestellt wird… und ganz falsch lagen wir nicht. Viele Passagiere waren v.a. zum Einkaufen nach Zypern gereist und fuhren mit dem Schiff, weil es weder fürs Gepäck noch beim Essen Limiten gibt. Obwohl wir für die Überfahrt mit dem Kreuzfahrtschiff einige unserer Idealvorstellungen über Bord werfen mussten, sind wir sehr zufrieden, dass wir einen Weg gefunden haben, Israel übers Wasser zu erreichen.😊
Die Einreiseformalitäten in Israel waren heute Morgen so einfach, dass wir nun Zeit haben, in einem Café in Haifa diesen Blogeintrag fertigzustellen. Für unsere Zeit in Israel haben wir zwei Freiwilligeneinsätze geplant. Darauf freuen wir uns sehr und sind gespannt, was uns erwartet!