Mit ausgeruhten Beinen sahen wir der letzten Etappe nach Vladivostok gelassen entgegen. Wir hatten genügend Zeit und keine Eile. Die Dichte von Restaurants und Läden war auf dieser Strecke wesentlich grösser, worüber wir uns sehr freuten😊. Aber Attraktionen gab es auch auf den 800km keine.

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Bei mehrheitlich schönem, warmem Wetter pedalierten wir wie gewohnt von Café zu Café. Weil die Nächte noch mild waren, mussten wir uns wieder gegen Mücken verteidigen, ansonsten waren die Tage unspektakulär: Wald, Sumpf, Felder, Brachland. Am 2.Oktober fuhren wir über eine 4km lange Autobahnbrücke nach Vladivostok ein. Nach fast anderthalb Jahren unterwegs hatten wir es geschafft und den Pazifik erreicht✌️!
Bevor wir unser Zuhause für die nächsten Tage aufsuchten, genossen wir die super Aussicht auf die Stadt, ihre Hafenanlagen und Schrägseilbrücken. Ihre Lage am Goldenen Horn, die vielen Häfen und die Hügellandschaft machen Vladivostok zu einer sehr schönen Stadt!

Wir durften es uns beim Warmshowers Gastgeber Evgenii gemütlich machen und wurden von ihm am nächsten Tag auf einen Bootsausflug eingeladen. Die Tour führte uns um die Russky-Insel herum, immer auf der Suche nach Robben. Die Tierchen zeigten sich nicht, aber wir genossen die Fahrt und auch das Zmittag an einem Strand mit frisch gefischten Jakobsmuscheln sehr. Was für ein tolles Erlebnis zum Abschluss unseres Russland-Aufenthalts, vielen Dank, Evgenii!

Vom Krieg in der Ukraine und von den westlichen Sanktionen hätten wir nichts gespürt, hätten wir mit Karte bezahlen und Unterkünfte online reservieren können. Das russische Zahlungssystem MIR funktioniert (für die Einheimischen) wunderbar, Coca-Cola kommt aus China, McDonalds und Starbucks wurden durch Eigenmarken ersetzt, Burger-King und KFC sind noch da, Whatsapp geht einwandfrei, Neu- und Gebrauchtwagen kommen aus oder via Japan, Südkorea oder China. Wegen diesen Autos herrschte auf der Gegenfahrbahn immer viel mehr Verkehr als Richtung Osten. Neuwagen werden auf Lastwagen nach Westen gebracht. Gebrauchtwagen werden gut verpackt, mit teilweise abgeklebten Windschutzscheiben und ohne Nummernschild an ihren Bestimmungsort gefahren. Dieses Geschäft scheint insbesondere seit den Sanktionen zu florieren (mehr dazu in diesem Artikel).

Ab und zu sahen wir ein «Z» oder «V» auf ein Auto geklebt. In den Städten waren die Werbeplakate für Zeitsoldaten («Kontrakty») inklusive der Prämie (3600 CHF), dem zu erwartenden Basislohn (ca. 1850 CHF/Monat), gratis Gesundheitsversorgung und Militär-Pension (für 20 Jahre) allgegenwärtig. Manchmal sahen wir in den Cafés am Fernseher Beiträge über den Krieg… Musikvideos waren aber viel häufiger und interessanter😊.

Momentan sitzen wir auf der Fähre nach Südkorea und warten auf die Abfahrt. Obwohl wir uns in Russland weder überwacht noch angefeindet fühlten, sind wir froh, dass die Reise in ein neues Land weitergeht. Das Gefühl, nirgends Geld beziehen oder im Notfall einen Flug buchen und ausreisen zu können, war etwas ungemütlich.